Jerusalem: Neue Route im Klagemauer-Tunnel

Noch mehr Interessantes im historischen Jerusalem

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Jerusalem: Neue Route im Klagemauer-Tunnel

Historischer Prachtbau an der Klagemauer.

Historischer Prachtbau an der Klagemauer. (© Yaniv Berman/IAA)

JERUSALEM (im) – Der Klagemauer-Tunnel in Jerusalem wartet mit einer neuen Route und neuen Attraktionen auf. Neu unter den historischen Sehenswürdigkeiten ist der erst kürzlich ausgegrabene und für Besucher hergerichtete Prachtbau aus der Zeit des Zweiten Tempels. Für Besucher ermöglicht die neue Route ein noch tieferes Eintauchen in die Geschichte an und um die Klagemauer herum, wie Mordechai Soli Eliav, Vorsitzender der Western Wall Heritage Foundation sagt: „Es ist aufregend, ein so großartiges Bauwerk aus der Zeit des Zweiten Tempels zu enthüllen.“

„Diese Kammern sind Teil eines neuen Rundgangs durch den Klagemauer-Tunnel, bei dem die Besucher faszinierende Funde sehen und zum ersten Mal auf der gesamten Strecke zwischen Überresten aus der Zeit des Zweiten Tempels wandern können, die die Komplexität des jüdischen Lebens in Jerusalem zwischen der hasmonäischen und der römischen Zeit veranschaulichen“, ergänzt Eliav. Auch Shachar Puni, Architekt der Konservierungsabteilung der IAA, verdeutlicht: „Die neue Route ermöglicht ein besseres Verständnis dieser komplexen und wichtigen Stätte und hebt gleichzeitig das Ausmaß dieses großartigen Bauwerks hervor. Indem wir den Weg für die Öffentlichkeit zugänglich machen, lernen die Besucher eine der faszinierendsten und beeindruckendsten Orte in der Altstadt von Jerusalem kennen.“

Teile der neuen unter irdischen Route im Klagemauer-Tunnel.

Teile der neuen unter irdischen Route im Klagemauer-Tunnel. (© Yaniv Berman/IAA)

Die Erschließung des Teils des Tunnels westlich des Wilson Arch und des Tempelberges begann bereits vor 200 Jahren: Charles Warren entdeckte und dokumentierte diesen Teil der Mauer im 19. Jahrhundert. Verschiedene Archäologen führten im 20. Jahrhundert seine Arbeit weiter. Mittlerweile sind die Arbeiten abgeschlossen und ermöglichen Besuchern einen Einblick in die antiken Gebäudestrukturen der heiligen Stätte. Die Archäologen legten zwei identische prächtige Säle offen, in ihrer Mitte ein kunstvoller Brunnen. Die Wände der Kammern und des Brunnens waren mit skulptiertem Gesims geschmückt, das mit korinthischen Ordnungen verzierte Pilaster trug. Dieser dekorative Stil ist dabei typisch für die opulente Architektur der Zweiten-Tempel-Periode. In der späten Periode des Zweiten Tempels, vor dessen Zerstörung, wurden noch einmal umfangreiche Renovierungen an dem Gebäude vorgenommen. In einer der drei separaten Kammern wurde ein gestuftes Becken installiert, das als rituelles Bad genutzt wurde.

Stufenbecken bei Prachtbau.

Stufenbecken bei Prachtbau. (© Yaniv Berman/IAA)

Laut Dr. Shlomit Weksler-Bdolach, Ausgrabungsleiterin im Auftrag der IAA „ist dies zweifellos eines der prächtigsten öffentlichen Gebäude aus der Zeit des Zweiten Tempels, das jemals außerhalb der Tempelbergmauern in Jerusalem freigelegt wurde. Es wurde etwa 20-30 n. Chr. erbaut. Das Gebäude, das offenbar an einer Straße stand, die zum Tempelberg hinaufführte, wurde für öffentliche Veranstaltungen genutzt – vielleicht war es sogar das Gebäude des Stadtrates, in dem wichtige Würdenträger empfangen wurden, bevor sie das Tempelgelände und den Tempelberg betraten. Besucher der Stätte können sich heute ein Bild von der Opulenz des Ortes machen: Die beiden Seitenkammern dienten als prunkvolle Empfangsräume und zwischen ihnen befand sich ein prächtiger Brunnen, dessen Wasser aus Bleirohren sprudelte, die inmitten der aus der Wand herausragenden korinthischen Ordnungen eingearbeitet waren. Die Ausgrabung legte auch die ursprünglichen massiven Steinplatten frei, mit denen das antike Gebäude gepflastert war. Die Archäologen glauben, dass in den Gasträumen, die auch zum Essen genutzt wurden, hölzerne Liegesofas standen, die nicht erhalten geblieben sind.“

Die von Dr. Weksler-Bdolach beschriebenen Liegespeiseräume waren dabei in der griechischen, hellenistischen und römischen Welt vom fünften Jahrhundert v. Chr. bis zum dritten oder vierten Jahrhundert n. Chr. durchaus üblich. Archäologen sind sie aus Privathäusern, Palästen, Tempeln, Synagogen und zivilen Anlagen bekannt. Die Ausgrabungsleiterin führt weiter aus: „Das Essen oder Schmausen im Liegen wird schriftlich bereits in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts im Buch Amos erwähnt – als der Prophet die Menschen in den Königreichen Juda und Israel maßregelt.“

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