Das jüdische Viertel (hebräisch הַרֹבַע הַיְהוּדִי haRovaʿ haJehudi) in der Altstadt Jerusalems ist das sauberste und wohlhabendste. Dort wohnen gut situierte jüdische Familien, die alles vorbildlich pflegen und in Ordnung halten, sodass es für Besucher dieses Viertel eine Freude ist und sie – ohne lästige und aufdringliche Verkäufer – entspannt durch die Gassen schlendern können. Die Händler sind in keinster Weise aufdringlich, sondern beraten den Kunden, wer er Hilfe wünscht. Eine weiteres Merkmal für die Seriosität der Händler sind die mit Preisen ausgezeichneten Waren. Keine Mondpreise, kein Feilschen wie auf dem Basar, kein Gast wird hier über den Tisch gezogen oder lautstark zu etwas genötigt. Im jüdischen Viertel kann man sich entspannt den schönen Seiten der Altstadt hingeben, die Menschen hier sind sehr angenehm, der Gast darf sich hier völlig sicher fühlen.
Auf einer Gesamtfläche von 133.000 qm hat eine wechselvolle Geschichte durchleben müssen, die von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt ist. In der heutigen Form und Ausdehnung existiert es seit 1948 existiert, weil es davor durch Jordanien besetzt war und auch den Zugang zur Klagemauer für Juden nicht ermöglichte. Israel musste also handeln, um den Juden den Zutritt zur heiligsten Stätte des Judentums wieder zu ermöglichen. Während der Besatzung hatten die Jordanier die Gebäude erheblich vernachlässigt und vielerlei Schaden hinterlassen. 15 Jahre dauerte es, dass Israel das Viertel in einen bewohnbaren Zustand versetzen konnte. Dabei wurde ältere Bausubstanz mit Neubauten gekonnt und stilecht neo-im orientalistischen Stil vereint, was heute an einem homogenen Erscheinungsbild zu sehen ist.
In das jüdische Viertel direkt gelangt man durch das Dungtor nahe der Klagemauer und das Zionstor bei armenischen Patriarchat. Durch die alle miteinander verbundenen Gassen ist auch der Zugang über die anderen Tore möglich, dauert nur etwas länger und man sollte über gute Ortskenntnis oder Google Maps auf dem Smartphone verfügen.
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Jüdisches Viertel – Geschichte
Zu Zeiten König Hiskijas befand sich auf dem Gebiet des heutigen Jüdischen Viertels die Neustadt Jerusalems und diente als Wohnviertel. In hellenistischer Zeit bis zum Anfang der Zeitrechnung befanden sich Oberstadt und Unterstadt Jerusalems auf diesem Areal. Als die Römer 70 n. Chr. Jerusalem mitsamt des Tempels völlig zerstört wurde, durfte die jüdische Bevölkerung nicht mehr in ihrer Stadt leben, geschweige denn betreten. Seinerzeit entstand auch der Cardo, der heute in Resten zu besichtigen ist und das Jüdische Viertel in Nord-Süd-Richtung durchquert. Auf dem Gebiet der heutigen Christlichen und Muslimischen Viertel wurde die römische Neustadt von Jerusalem errichtet, außerdem war die 10. Römische Legion im südlichen Bereich angesiedelt, was ungefähr dem heutigen Jüdischen Viertel entspricht.
Die jüdische Bevölkerung konnte nachweislich erst im 11. Jahrhundert in ihre Heimat zurückkehren. Sie errichteten eine Höhlensynagoge in der Klagemauer, die dem britischen Archäologen Charles Warren zufolge 46 Meter vom Eingang des Klagemauertunnels liegen soll, jedoch heute nicht belegbar ist. 1099 eroberten die Kreuzfahrer Jerusalem und ermordeten einen Teil der jüdischen Bevölkerung. Zurück blieben nur wenige jüdische Familien, im Jahr 1267 sollen es nur noch zwei gewesen sein. Doch im Jahr 1333 war endgültig Schluss, weil die Franziskaner das alleinige Recht zur Niederlassung erwirkten. So zog die spärliche jüdische Bevölkerung in die Nähe der Klagemauer, es entstand das mamelukische Jüdische Viertel auf dem Gebiet des heutigen Jüdischen Viertels. Seinerzeit wohnten in der „besseren“ Oberstadt Christen und Muslime, für die Juden blieb nur die wenig attraktive Unterstadt um das Dungtor übrig, aus dem die stinkenden Abfälle aus der Stadt gebracht wurden und der Abwasserkanal durchführte.
Davon ließen sich die Juden aber nicht abbringen und die jüdische Bevölkerung stieg weiter an. Ende des 15. und im 16. Jahrhundert wüteten die katholischen Inquisitoren auf der iberischen Halbinsel, sodass zahlreiche sephardische Juden aus Spanien und Portugal flüchten mussten, falls sie von den katholischen Geistlichen noch nicht dem Henker übergeben waren. Ihre geistliche Heimat war die Ramban-Synagoge, die um das Jahr 1400 entstand und bis 1586 den Juden offen stand, ab dann aber durch Abu Seifin, Gouverneur von Jerusalem, geschlossen wurde. In den folgenden Jahrhunderten gab es zahlreiche Ereignisse, die teilweise zu erheblichen Dezimierungen der jüdischen Bevölkerung führte, wie eine Seuche Ende des 17. Jahrhunderts belegt.
Im Old Yishuv Court Museum ist der Aufbau Jerusalem ab der Staatsgründung dokumentiert und gibt einen hervorragenden Einblick in die damalige Zeit des Aufbruchs. Die Bevölkerung des Jüdischen Viertels stieg von 720 im Jahr 1977 auf 3130 im Jahr 2017. Heute leben dort rund 70% ultraorthodoxe Juden, 25% sind national-religiös.