Jaffator in Jerusalem.

Jaffator in Jerusalem. (© Matthias Hinrichsen)

Eines der heutigen Haupttore in Jerusalems Stadtmauer der Altstadt ist das Jaffator, das am Westrand der Altstadt liegt und in das christliche und armenische Viertel führt. Der Durchgang wurde im 90°-Winkel angelegt, um so das schnelle  Durchbrechen von eventuellen Angreifern zu verhindern. Das Jaffator ist eins der größeren Bauwerke innerhalb der Stadtmauer. Von dort aus gelangt man auf die Altstadtmauer, der Zugang zum nördlichen Teil liegt gleich hinter dem Tor auf der linken Seite, der Zugang zum südlichen Teil ist von außen rechts vom Jaffator in etwa 50 Metern Entfernung.

Jaffator in Jerusalem.

Jaffator in Jerusalem. (© Matthias Hinrichsen)

Jaffator – Kurz-Historie

Das Jaffator ist einerseits das Zugangstor vieler Touristen zur Stadtbesichtigung oder einfach in die Altstadt hinein, aber auch der Pkw- und Lieferverkehr gelangen hier hindurch oder vielmehr rechts davon. Dort befindet sich eine große Maueröffnung, die nach oben offen ist. Auf der Breite einer zweispurigen Straße wurde im Jahr 1898 anlässlich eines Besuchs des Deutschen Kaisers Wilhelm II. eine Bresche in das Jaffator geschlagen. Dieser ritt dann am 29. Oktober 1898 in weißer Paradeuniform auf einem schwarzen Hengst durch diese Lücke hindurch. Unter dem ersten Bürgermeister Jerusalem, Teddy Kollek, gab es Überlegungen, diese Lücke mit einer Brücke zu überspannen, um so den Mauerrundgang nicht unterbrechen zu müssen. Bis heute ist dieses aber nicht realisiert worden. Pilger betreten die Stadt im Allgemeinen zu Fuß, und auch der britische General Allenby tat dieses am 9. Dezember 1917, nachdem seine Truppen die Stadt erobert hatten. Zu Zeiten der Kreuzfahrer wurde das Jaffator Davidstor genannt, verstehend als Zugang zur Stadt Davids, dem einstigen Herrscher über Jerusalem.

Jaffator – in der Altstadt

Brothändler vor dem Jaffator.

Brothändler vor dem Jaffator. (© Matthias Hinrichsen)

Hinter dem Jaffator tummeln sich eine Vielzahl von Geschäften und Taxis an der Außenmauer der Davidszitadelle. Auf der linken Seite reihen sich touristische Läden, Gastronomie, Geldwechsler aneinander, gleich im vorderen Bereich ist die Jerusalemer Tourist-Information als Auskunftsstelle eingerichtet. Dort erhalten Besucher ausgiebige Informationen über alles, was Jerusalem zu bieten hat – von den Sehenswürdigkeiten bis zu vielfältigen Veranstaltungen – und auch einen kostenlosen Stadtplan der Altstadt, der übersichtlich und bunt gestaltet ist. Geradeaus führen Treppen hinab in das christliche und dann muslimische Viertel in dem typischen Shuk mit engen Gassen und ein Laden neben dem anderen. Die einen bieten billige Souvenirartikel-Massenware, die nächsten Schmuck oder auch mal ein Sammelsurium, womit der Händler Geld verdienen möchte. In diesem Teil sind die Händler nicht aufdringlich als im muslimischen Altstadtviertel. Rechts an der Davidszitadelle führt eine schmale Straße durch das armenische Viertel wo Sie bedenkenlos einkaufen können hinab in das jüdische Viertel bis zur Klagemauer.

Jaffator – Davidszitadelle

Hinter der Bresche erhebt sich rechter Hand die massive Davidszitadelle, in der sich ein Museum befindet und kulturelle Veranstaltungen abgehalten werden. Zudem wird abends für zahlende Besucher eine „Lightshow“ innerhalb der Mauern präsentiert, was Film über die Geschichte Jerusalems ist, untermalt mit heroischer Musik. Der künstlerische Aspekt ist hoch, der Inhalt sehr positiv auf die jüdischen Bewohner der Stadt und Region zugeschnitten, als Christ fühlt man sich durch die Erwähnung der bösen Kreuzritter, die vernichtend geschlagen worden sind, schon etwas seltsam berührt. Offiziell besteht während der Vorführung Fotografier- und Filmverbot, aber der eine oder andere bekommt sein fotografisches Souvenir mit ein wenig Chuzpe.

Jaffator – Geschichte

Die Geschichte des Jaffatores beginnt offiziell im 6. Jahrhundert n. Chr., denn aus dieser Zeit sind entsprechende Quellen belegt. Doch zu der Zeit noch nicht als Jaffator, sondern als Turmtor, wie Theodosius es bezeichnete. Betrachtet man die Karte des Madaba-Mosaiks,  erkennt man das besagte Turmtor in Jerusalem. Dieses Mosaik ist die älteste kartographische Darstellung des Heiligen Landes mitsamt Jerusalem und stammt aus der Mitte des sechsten Jahrhunderts. Zu frühislamischen Zeiten wurde das Tor als „Gebetsnische Davids“ bezeichnet, auf Arabisch Bāb Miḥrab Daʾud. Dieses weist, auch wenn Jahrhunderte nach dessen Existenz, auf König David und das jüdische Volk hin, was Muslime heutzutage merkwürdigerweise bestreiten. Und auch zu Zeiten der Kreuzfahrer im Mittelalter war die Davidstradition im Namen Porta David erhalten. Erst durch die Eroberung Jerusalems durch die Araber wurde das Tor unter Süleyman I. umbenannt, aber auch völlig neu aufgebaut.

Diese Toranlage war früher unter dem Namen „Tor des Freundes“ (Bāb al-Ḫalīl) bekannt. Es ist als sogenanntes Knicktor konstruiert, das Feinde an einem schnellen Eindringen in die dahinter liegende Stadt hindern sollte, weil der Eingang um die Ecke erfolgte. Wenn Sie heute durch den Fußgängerzugang des Tores die Altstadt betreten, können Sie sich vorstellen, dass feindliche Truppen sich vor dem Zugang gestaut hätten, ganz zu schweigen von schwerem Kriegsgerät und Pferden, die durch dieses Nadelöhr hätten durchgeschleust werden müssen. Eine Inschrift auf den beiden Türstürzen, innen und außen, bezeugt das Jahr der Fertigstellung, nach dem islamischen Kalender das Jahr 945, nach christlicher Zeitrechnung 1538/39 n. Chr.

Altstadttore waren schon immer ein Ort der Begegnung, des Austauschs, des Willkommen Heißens und des Abschied Nehmens. Und die Plätze davor sind auch heute noch, wenn es die Situation zulässt wie beim Damaskustor, ein Ort des Handelns, weil viel Laufkundschaft auch viel Umsatz bedeutet. So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Ort in der ottomanischen Zeit stark frequentiert gewesen ist. Nicht minder, weil sich das Jaffator als verbindendes Element zwischen der Altstadt und den neu entstandenen Stadtteilen davor  etablierte. Es gab einen regen Verkehr in beide Richtungen. Die Altstadt war früher Mittelpunkt des Lebens und des Handels, Ende des 19. Jahrhundert wandelte es sich drastisch.

Die engen Gassen und Straßen innerhalb der Altstadt eigneten sich nicht für die Bauten der neuen Welt. Warenhäuser, Banken und Hotels brauchten viel Platz, um ihrer Klientel eine ansprechende Umgebung bieten zu können. Sie und dazu Konsulate errichteten ihre Gebäude in unmittelbarer Umgebung des Jaffatores, die Stadtverwaltung ließ sich in einem neu errichteten Gebäudeensemble im Bereich Mamilla-Straße/Jaffa-Straße nieder. Heute ist die Mamilla Straße eine Nobel-Einkaufzeile nachdem alle alten Gebäude abgerissen und modernste errichtet worden sind. Die Stadtverwaltung Jerusalem war aber darauf bedacht, die alten Mauersteine zu erhalten und als Fassadensteine stilvoll zu integrieren. Jeder dieser Steine trägt zwei Zahlen und einen Buchstaben, damit sie wieder in richtiger Reihenfolge verwendet werden konnten.

Die Beziehung zwischen den Osmanen und dem deutschen Kaiserreich waren vorzüglich. Sultan Abdülhamid II. ließ ein neues Tor bauen, das größer als das davor war, aber immer noch den typischen Knick enthielt, was vielleicht eher symbolisch gemeint war. Denn durch das gewaltige Tor konnten jetzt mühelos große Fahrzeuge hindurchfahren, aber das war noch nicht alles. Der deutsche Kaiser Wilhelm II., 1898 zu Besuch in Jerusalem mit großem Gefolge und vielen Aufträgen in der Tasche, wünschte sich den Einzug in die ehrwürdige Altstadt von Jerusalem hoch zu Ross. Was anderes blieb dem Sultan übrig, um diesen „Wunsch“ folge zu leisten und ein Teil der Stadtmauer gleich neben dem Jaffator abreißen zu lassen, damit seine Hoheit ungehindert passieren konnte? Mit den heraus gebrochenen Steinen sollte der Graben der Davidszitadelle aufgefüllt, so die Überlieferung.

Überliefert ist auch, dass die große Bresche nur wegen des massiv angestiegenen Autoverkehrs geschlagen wurde und sich der Kaiser echauffierte mit den Worten „das soll inhibiert werden, ich hoffe nicht, daß eine solche Barbarei wirklich gemacht wird“. Auf diese Art entziehen sich auch heute noch Politiker der Verantwortung, wenn sie Unmögliches anordnen. Im Gegensatz zu Kaiser Wilhelm II. hatten andere Herrscher Respekt gezollt, auch wenn sie siegreich waren. Zum anderen ist es muslimische Tradition, dass nur ein Eroberer das neue Territorium zu Pferd betreten wurde. Um diesen inoffizielle No-Go zu umgehen, wurde rechts des Tores die bekannte Lücke geschlagen, die jedoch nichts an der Peinlichkeit durch den Kaiser relativiert. Wie dem auch sei, 120 Jahre später ist die deutsche Schmachhandlung immer noch nicht vergessen.

Die Bautätigkeiten an und um das Jaffator herum zeugen von der Wichtigkeit des Ortes und seiner inneren und äußeren Bedeutung. Im Jahr 1900 wurde in Nähe des Jaffatores ein Sabil anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums Abdülhamids II. gebaut, ein stattlicher öffentlicher Brunnen. Es war Tradition, dass zu Ehren des amtierenden Sultans im Osmanischen Reich ein Uhrenturm errichtet wurde, um die Loyalität zum Sultan symbolisch zu bezeugen, aber auch sich um als fortschrittliche Gesellschaft zu präsentieren. So wurde 1906 solch ein Uhrenturm auf auf das Jaffator drauf gesetzt. Diese Ehrfurchtsarchitektur ließ Sir Ronald Storrs abreißen, der nach der Eroberung Palästinas zum Gouverneurs Jerusalems ernannt wurde. Auf einem Foto, das den Einzug General Allenbys zeigt, ist dieser Uhrenturm noch zu sehen.

Bei so viel Bedeutung des Ortes nutzen die Herrschenden den Platz vor dem Tor für eigene öffentlichkeitswirksame Maßnahmen. Der jungtürkischer Nationalist, General und führendes Regierungsmitglied des Osmanischen Reichs Cemal Pascha ließ auf diesem Platz Paraden und Hinrichtungen durchführen. Das spiegelt seine Härte gegen seine „Feinde“ wieder, denn er war auch einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern, Assyrern und Aramäern. Er ließ 1914 unter anderem osmanische Truppen durch das Jaffator schreiten, die sich auf den Weg an die Kriegsfront in Ägypten machten. Wer nun denkt, dass es missbilligt wurde, irrt sich gewaltig. Jüdische Zimmerleute errichteten ein Ehrentor und Repräsentanten verschiedenen Religionsgemeinschaften und der städtischen Elite huldigten den osmanischen Truppen beim Durchzug.

1917 endete die osmanische Ära in Jerusalem und ganz Palästina, denn die Briten waren siegreich im 1. Weltkrieg und das einst so stolze Osmanische Reich brach zusammen. Der britische General Edmund Allenby, nach dem auch eine Straße in Tel Aviv benannt ist, nutze die Gelegenheit und inszenierte einen heroischen Einzug nach Jerusalem, direkt durch das Jaffator hindurch. Allerdings zu Fuß, ohne Auto oder Pferd, ein Mann der Ehre halt. Dabei war die Ablösung der 400-jährigen osmanischen Herrschaft über Jerusalem und ganz Palästina wegweisend für die künftige Entwicklung zum ersten jüdischen Staat in der Welt. Aber er hatte Respekt vor der Heiligen Stadt. Eine Prozession aus britischen Offizieren, französischen, italienischen und US-amerikanischen Repräsentanten sowie Angehörigen der Picot-Mission begab sich vom Jaffator zur Davidszitadelle, an der Spitze General Allenby, wo das künftige britische Mandat verkündet wurde.

Nach der Gründung des Staates Israel eroberte Jordanien die Jerusalemer Altstadt, sodass Juden keinen Zugang mehr zu ihrer heiligsten Stätte, der Klagemauer, hatten. Die Gegend vor dem Jaffator wurde Niemandsland, das Tor ohne Funktion. Erst 1967 gelang es israelischen Truppen den Westteil der Jerusalemer Altstadt und den Zugang zur Klagemauer zu befreien und den Durchgang durch das Jaffator wieder zu öffnen. Heute ist es einer der am stärksten frequentierten Altstadttore und wenn das Lichterfest stattfindet, drängen sich die Besuchermassen und Lichtinstallationen wie auf einem Jahrmarkt zur Freude aller.

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