Der Begriff Siebenquell wird im Christlichen selten verwendet, bezeichnet jedoch aus geologischer Sicht das Gebiet Tabgha. Dort existieren sieben Quellen, die in Ufernähe austreten. Einige haben einen hohen Kalzium-Gehalt, andere weisen einen hohen Magnesium-Anteil auf. Auch die Temperaturen der austretenden Quellen sind unterschiedlich, je nachdem aus welcher Tiefe das Wasser kommt. Daher haben Pilgern der byzantinischen Periode Tabgha als Siebenquell bezeichnet.
Diese sind noch heute zu sehen, eine von ihnen füllt ein Badebecken in der Begegnungsstätte Tabgha, die nicht öffentlich zugänglich ist und hinter dem Kloster liegt. Die anderen führen ihr Wasser in den See Genezareth. Siebenquell heißt auf Griechisch Heptapegon, was von den lokalen Arabern in et Tabigha, manchmal auch et Tabgha, umbenannt wurde. Dieses ist bedeutsam, da Tabgha oder Siebenquell auf Hebräisch En Sheva heißt, heutzutage jedoch im Sprachgebrauch und in der Ortsbezeichnung keine Anwendung findet.
Tabgha liegt am Nordufer des See Genezareth und zählt bei Christen zu den beliebtesten Zielen während einer Israel-Reise. In dieser Region Galiläas war Jesus sehr präsent, was in der Bibel überliefert ist. Herausragend sind zwei Ereignisse: die Speisung der 5.000 (Matthäus 14, 13-21) und die Bergpredigt (Matthäus Kap. 5-7) auf dem oberhalb liegenden Berg der Seligpreisungen. Zwei weitere kommen hinzu: Jesus beauftragt Simon Petrus „seine Lämmer zu weiden“ und die Heilung eines Aussätzigen im nahe gelegenen Turm Tannur Ayub.
Tabgha – westlicher Teil
Im westlichen Teil befindet sich das Benediktinerkloster mit der Brotvermehrungskirche, was durch eine Umzäunung geschützt ist. Dieses jedoch hat religiöse Fanatiker im Juni 2015 nicht davon abgehalten auf das Gelände vorzudringen und im Atrium und den Anbauten der Kirche Feuer zu legen und einen Sachschaden in Millionenhöhe anzurichten. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten weihte Kardinal Rainer Maria Woelki im Jahr 2017 die Kirchenanlage wieder ein. Der Anschlag wurden von allen politischen Seiten in Israel scharf verurteilt. Besuchergruppen können in die Brotvermehrungskirche gelangen, jedoch nicht auf das weitere Areal. Dieses bleibt den Franziskaner-Mönchen, dem Personal und Gästen des Hauses vorbehalten. Im Anschluss an das Kloster befindet sich die Jugend- und Behindertenstätte sowie die Möglichkeit für Gruppen auf Selbstversorgerbasis in Großzelten und kleinen Holzhütten für einige Zeit Gast des Klosters zu sein. Hierfür bietet sich eine voll ausgestattete größere Küche mit ausreichend Sitzgelegenheiten davor an, sowie die Möglichkeiten, sich in einem internen kleinen Laden mit den Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Durch das Gelände schlängelt sich der Bachlauf einer der Sieben Quellen und wird im oberen Bereich durch ein kleines Wehr aufgestaut, worin Gäste Abkühlung und ein wenig Badespaß finden.
Weiter unten fließt dieses Bächlein zwischen einem Dickicht aus Bewuchs in den See Genezareth. Parallel dazu gibt es eine Andachtsstelle mit Sitzplätzen, wo einerseits die Gäste des Klosters Ruhe finden und den Ausblick genießen können, aber auch Fernsehandachten zu Ostern stattfinden und über die öffentlich-rechtlichen Sender in deutsche Haushalte übertragen werden. Östlich davon erstrecken sich Olivenhaine sowie Bananen- und Mangoplantagen, die ebenfalls zum Priorat Tabgha gehören. Auf halber Wegstrecke zur östlichen Umzäunung befinden sich das Schwesternhaus des Klosters und das ehemalige Pumpenhaus, wo über eine außenliegende Pumpe Frischwasser für die Felder gefördert wird. Am östlichen Ende ist eine große Pumpwerk, das Wasser aus dem See Genezareth über die nationale Wasserleitung (National Water Carrier) über hunderte Kilometer bis in die Negev-Wüste befördert. Dahinter führt eine Straße zum Pilgerhaus Tabgha, einer höherpreisigen Unterkunft für Gruppen bis zu 60 Personen mit großer Außenanlage, was dem Komfort eines Hotels entspricht und weniger für Pilger geeignet ist, die sich auf das wirklich Wichtige beschränken wollen während ihrer Reise zu den Wurzeln Jesu und Seiner Jünger, die selbst in Einfachheit gelebt haben.
Tabgha – östlicher Teil
Im östlichen Teil, der von der Kustodie des Heiligen Landes der Franziskaner betreut wird, befindet sich die kleine Primatskapelle. Auf diesem Grundstück, das durch einen Zugang betreten werden kann, sind ebenfalls viele Pilger anzutreffen, die ihren meist kurzen Aufenthalt in der kleinen Gartenanlage als Gruppen gerne in eingerichtete Sitzbereichen für Andachten nutzen, die Kapelle kurz besichtigen oder einen Abstecher zum Ufer des Sees Genezareth unternehmen. In schmalen Pflanzstreifen ist eine der Quellläufe zu erkennen, der auf das Nachbargrundstück des Klosters Tabgha führt. Dieser Ort ist sehr gut besucht, weil abgehend von der Landstraße ein Busparkplatz vorhanden ist, von wo aus die Menschenmassen zu diesem Ort bequem strömen können. Rund 50 Meter weiter östlich ist ein Turm aus byzantinischer Zeit erhalten blieben, unter dem sich einer der sieben Quellen verbirgt. Auf diesen Turm nimmt mutmaßlich die Bibel Bezug bei der Heilung eines Aussätzigen. Die byzantinische Periode reichte jedoch von etwa 300 n. Chr. bis ins 15. Jahrhundert, also weit nach Jesu Lebzeiten. Möglicherweise existierte schon davor ein Bau an dieser Stelle.
Weiter dahinter sind die Überreste einer Hafenanlage aus dem 3. und 4. Jahrhundert, bei dem Archäologen diesem Zeitraum zuzuordnende Keramik und Anker aus Basalt entdeckt worden sind. In unmittelbarer Nähe sprudelt das Wasser über den Ein Eyov Wasserfall in den See Genezareth, wobei die Bezeichnung „Wasserfall“ sehr minimalistisch ausgelegt werden muss, da die Höhe nur rund vier Meter beträgt. Dort halten sich gerne Einheimische auf, wobei der Ort wenig Platz bietet und sich das Vergnügen sehr beschränkt, weil alles naturbelassen ist.
Tabgha – Geschichte
Bei Ausgrabungen wurden Artefakte aus der Mittelsteinzeit entdeckt, die heute im Königlichen Museen für Kunst und Geschichte in Brüssel ausgestellt sind. Auf Hebräisch heißt der See Genezareth Yam Kinneret, in der Bibel findet sich aber auch ein Ort Kinneret Erwähnung (Josua, Kapitel 19, Vers 35) und ein noch heute deutlich erkennbarer Tell (Tell el-Oreme, antiker Siedlungshügel). Der Yam Kinneret (= See Genezareth) wurde nach dem historischen Ort benannt. Anfang des 20. Jahrhunderts vermuteten Archäologen und Bewohner der Region diesen Ort noch am südlichen Ende des Sees Genezareth, woraufhin der 1937 Kibbuz Ginnosar in hellenistischer Abwandlung ebenfalls nach diesem Ort benannt worden war. In dem Kibbuz leben heute rund 600 Menschen, die vorwiegend in Landwirtschaft und Tourismus tätig sind und in dem kleinen Yigal Allon Museum ein 2.000 Jahres altes Fischerboot beherbergen. Nach den anfänglichen Fehlinterpretationen, gelang es 1922 dem deutschen protestantischen Theologen Gustaf Hermann Dalman und William Foxwell Albright, einem amerikanischen Archäologen, die richtige Verbindung, übrigens unabhängig voneinander, zwischen dem Tell und der antiken Ort, der als Hauptort des israelitischen Stammes Naftali galt.