Kleeblatt-Weltkarte aus armenischer Keramik in Jerusalem

Kleeblatt-Weltkarte aus armenischer Keramik vom Jerusalem Künstler Arman Darian nach dem Original von Heinrich Bünting aus dem Jahr 1581

Jerusalem als Mittelpunkt der Welt mutet auf den ersten Blick anmaßend oder vielleicht auch irreal an. Der Deutsche Heinrich Bünting betrachtete Jerusalem jedoch aus biblischer Sicht und stellte die Heilige Stadt 1581 in einer Karte dar, betitelt mit „Die gantze Welt in ein Kleberblat …“. In Jerusalem ist diese Karte in colorierter Variante als großes Mosaik bei der Jerusalemer Stadtverwaltung aufgestellt. Bünting beschrieb die biblischen Stätten im damaligen Palästina in dem Werk „Itinerarium Sacrae Scripturae – Ein Reisebuch uber die gantze Heilige Schrift …“ und illustrierte einige mit phantasievollen Illustrationen. Eine originale Ausgabe der Publikation wird derzeit für 27.500 Euro von einem Antiquariat angeboten, ein Nachdruck aus dem Jahr 1757 gibt es bereits für 980,- Euro.  Diese historische Karte findet im Teddy-Kollek-Park auf künstlerische Art eine Weiterentwicklung in Form einer glänzenden Kontinente-Skulptur. 

Bünting, der in Hannover geboren wurde, war seiner Stadt sehr verbunden. Als er sein Reisebuch schrieb, stellte er auf der Jerusalem-Karte die drei Kontinente Europa, Asien und Afrika in Form eines dreiblättrigen Kleeblatts dar. Den Stich betitelte er: „Die gantze Welt in ein Kleberblat / Welches ist der Stadt Hannover / meines lieben Vaterlandes Wapen.“  Und wer sich das Stadtwappen von Hannover heute ansieht, wird im unteren Bereich solch ein dreiblättriges Kleeblatt entdecken. Im Buch „Ehrenspiegel des Hauses Österreich“ von Jakob Fugger aus dem Jahr 1555 ist ebenfalls das Stadtwappen von Hannover abgebildet – und schon damals auch als dreiblättrige Blüte. Verschiedene Quellen sprechen von einem Kleeblatt, andere wiederum von einer Blume oder Blüte. In Hannover hat dieses dreiblättrige – nennen wir es jetzt Kleeblatt – im Jahr 1888 ein Verein mit dem Namen „Zum Kleeblatt“ gegründet, der sich auf wissenschaftliche Weise der Wappenkunde im Raum Hannover widmet. Bünting war evangelischer Theologe, Geograph und Chronist – es wird vermutet, dass er nie im Heiligen Land selbst gewesen sei. Vielmehr soll er bereits existierende Reiseberichte beispielsweise von Burchardus de Monte Sion und Bernhard von Breidenbach als Quellen genutzt haben ohne sie jedoch zu nennen. Nicht nur in Jerusalem kommt die Karte zu Ehren, auch auf der Expo 2000, die in Hannover stattfand, wurde die Weltkarte in einer Ausstellung gewürdigt.

Heinrich Büntings Weltkarte mit Jerusalem als Mittelpunkt zwischen den Kontinenten

Weltkarte von Bünting aus seinem Reisebuch (gemeinfrei)

Jerusalem als Mittelpunkt war ernst gemeint
Die Karte von Bünting spiegelt eine veraltetes theologisch-geografisches Konzept des Mittelalters wider und stellt Jerusalem in den Mittelpunkt der Welt und an den Schnittpunkt dreier Kontinente.  In einer Mischung aus Fantasie und Geographie werden die Kontinente der Alten Welt in die drei Blütenblätter komprimiert und England und Skandinavien (Dänemark und Schweden) als Inseln im Nordmeer dargestellt. Das Rote Meer trennt Asien von Afrika und das Mittelmeer füllt den Winkel zwischen Afrika und Europa. Unten links ist ein Blick auf die Neue Welt zu sehen. Der allumfassende Ozean ist geschmückt mit einer Meerjungfrau, einem Triton. Jerusalem lag im Mittelalter nahe der Mitte der bekannten Welt der Antike und geriet durch diese Tatsache wie selbstverständlich zum Mittelpunkt der Welt. Ursache waren starke religiöse Einflüsse auf Kartographen. Eine bedeutende Rolle spielten dabei auch die Kreuzzüge, im 13. Jahrhundert entwickelte sich daraus  Jerusalem als primäres spirituelles Zentrum. Erst in der Renaissance veränderten sich die Sichtweisen der Kartographen durch verbesserte kartographische Erkenntnisse und Konzepte.

Die Weltkugel-Skulptur des Künstlers Breuer-Weil

Die Zentrum-der-Welt-Skulptur des Künstlers David Breuer-Weil in Jerusalem

Büntings Idee wird neu interpretiert
Im Jahr 2013 wurde gegenüber der Jerusalemer Altstadt im Teddy-Kollek-Park eine Skulptur des Künstlers David Breuer-Weil aufgestellt. Er selbst bezeichnet sie als „geniale neue Skulptur mit dem Titel Center of the World „.  Im Auftrag der Stadt Jerusalem schuf er ein Werk aus Stahl, Stein und Licht, die in zwei- und dreidimensionaler Form als „alte und zeitgenössische Materialien“ kombiniert werden. In den Boden sind die drei Kontinente der Bünting-Karte eingelassen, darauf platziert sich die begehbare Skulptur. Die metallenen Kontinente sind so poliert, dass sie ihre unmittelbare Umgebung widerspiegeln. Der Betrachter erlebt so Jerusalem und auch sich selbst im übertragenen Sinn in der Welt. Bei Dunkelheit erleuchten die im Boden eingelassenen Strahler die Skulptur, die nicht nur ein völlig andere Wirkung entwickelt, sondern auch kristallartig spiegelnd über den Horizont hinaus präsent ist. Breuer-Weil sagte: „Ich war von der Idee inspiriert, eine fünfhundert Jahre alte Karte zu verwenden, um etwas sehr Zeitgenössisches zu machen. Viele Skulpturen sind in Museen untergebracht, die nur tagsüber zugänglich sind, aber ich wollte etwas tun, das die Schönheit der Jerusalemer Nächte sowie der strahlenden Tage hervorhebt. Die kuppelartige Struktur schwingt mit den vielen anderen Kuppeln in der Stadt mit, was dem Werk ein unmittelbares Gefühl der Zugehörigkeit zu Jerusalem verleiht.“ Die Skulptur wurde gestiftet von Helene Stone-Laor.

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