Der heute als Garten Gethsemane bezeichnete Ort wird in der Gute-Nachricht-Bibel als Grundstück Getsemani bezeichnet, in der Luther-Übersetzung wird der Begriff Garten Gethsemane verwendet. Die Geschichte des heutigen Areals ist verworren und wechselhaft zugleich, der Ort jedoch konnte nie dem Ereignis authentisch und glaubhaft zugeordnet werden. Vielmehr sind Ereignisse der Bibel den Orten durch Menschen – teilweise über die Jahrhunderte wechselnd – zugeordnet worden, wie es am Garten Gethsemane zu sehen ist.
Im 4. Jahrhundert entwickelte sich der Ort durch Eusebius von Caesarea, Kyrill von Jerusalem und den Pilger von Bordeaux zur Pilgerstätte. Sie wollen in einer Steinformation im Kidrontal den Ort des Verrats und der Gefangennahme Jesu erkannt haben sowie einen Olivenhain am Ölberg, der für nächtliche Gebete genutzt worden sein soll. Egeria und Hieronymus sprechen um 380/390 von einem byzantinischem Kirchenbau an dieser Stelle, der vermutlich eine byzantinische Kirche gewesen ist. Die Überreste der Kirche sind beim Bau der Kirche aller Nationen entdeckt worden. In den nachfolgenden Jahrzehnten wurden immer wieder neue Orte „entdeckt“, denen verschiedene Ereignisse zugeschrieben wurden, jedoch ohne nachhaltige Beweise vorzulegen, die diese Behauptungen bewiesen. Im Jahr 614 wurde die byzantinische Kirche, auch Getsemani-Kirche genannt, bei der Eroberung Jerusalems durch die Perser zerstört.
Die Kreuzfahrer bezeichneten 1102/03 durch den angelsächsischen Pilger Sæwulf eine sogenannte Gebetsstätte am Hang des Ölbergs, wo Petrus, Jakobus und Johannes geschlafen haben sollen – elf Jahrhunderte nach dem Ereignis, was als nicht glaubhaft erscheint. Etwa Mitte des 12. Jahrhunderts wurde eine Kirche an der Stelle der ehemaligen Getsemani-Kirche errichtet und als „Kirche des Erlösers“ bezeichnet. Archäologen zufolge sollen die Olivenbäume im heutigen Garten Gethsemane zu gleicher Zeit gepflanzt worden sein, also höchstens knapp 1.100 Jahre alt sein. In unmittelbarer Nähe sollen verschiedene Grotten als die nächtlichen Ruhelager der Jünger „erkannt“ worden sein, was auch keiner archäologischen Überprüfung standhält. Ein jähes Ende fanden Grotte und Kirche durch die Vertreibung der Kreuzfahrer. In der Grotte sind noch heute Reste der kreuzfahrerzeitlichen Ausmalung.
Im Jahr 1392 ging die Grotte in das Eigentum der franziskanische Kustodie über. Die griechisch-orthodoxe, die russisch-orthodoxe und die armenische Kirche folgten der neuen abendländischen Getsemani-Tradition der Franziskaner jedoch nicht. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die heutige Ordnung von Garten und Grotte geschaffen. Kustos Ferdinando Diotallevi (1918–1924) akzeptierte die Neuordnung wonach die Grotte von nun an die „Grotte des Verrats“ sein sollte und das mit den alten Olivenbäumen bewachsene Areal nicht mehr der Ort des Verrat und Verhaftung Jesu sein sollte, sondern der Jesu Gebets. Die orthodoxen und protestantischen Kirchen stimmten dieser Umwidmung zu. In den Folgejahren stritten sich verschiedene Denominationen um die Orte und versuchten gerichtlich ihre Ansprüche durchzusetzen. Die Streitigkeiten unter Christen – so könnte man meinen – haben offensichtlich eine Jahrhunderte alte „Tradition“, die bis heute erhalten geblieben ist, sieht man die Konflikte in der Grabeskirche, aber auch in Gemeinden in der ganzen Welt an.
Als Fazit bleibt, dass der Garten Gethsemane ein Gedenkort für das Gebet Jesu mit Seinem Vater ist. Die Grotte auf der gegenüberliegenden Seite beim Mariengrab erinnert an die Überlieferung Jesu durch Judas und die anschließende Gefangennahme durch die Soldaten des Sanhedrin.
Bibelstellen
Jesus betet im Garten Getsemani: Matthäus Kap. 26, Verse 36 und 39
- Dann kam Jesus mit seinen Jüngern zu einem Grundstück, das Getsemani hieß. Er sagte zu ihnen: »Setzt euch hier! Ich gehe dort hinüber, um zu beten.« Dann ging er noch ein paar Schritte weiter, warf sich nieder, das Gesicht zur Erde, und betete: »Mein Vater, wenn es möglich ist, erspare es mir, diesen Kelch trinken zu müssen! Aber es soll geschehen, was du willst, nicht was ich will.«
Jesus betet im Garten Getsemani (Jesus betet zum zweiten und dritten Mal): Matthäus Kap. 26, Verse 42 und 44
Jesus betet im Garten Getsemani: Markus Kap. 14, Verse 32 und 35-36
Jesus betet im Garten Getsemani (Jesus betet zum zweiten und dritten Mal): Markus Kap. 14, Vers 39
Jesus betet im Garten Getsemani: Lukas Kap. 22, Verse 39 und 41-42 (weitere Gebetszeiten Jesu werden nicht erwähnt)
Weitere Informationen zum Garten Gethsemane finden Sie HIER.