Interview: Mit Pinseln gegen Planierraupen
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Interview: Mit Pinseln gegen Planierraupen

„Braunlieste“. (© Erik van Ommen)

RAMOT NAFTALI (im) – Im Rahmen des Hula-Festivals stellte die internationale Künstlerinitiative “Artists for Nature” ihre in zwei je rund zehntägigen Arbeitsaufenhalten erarbeiteten Werke erstmals aus. Zudem wurde der dabei entstandene Bildband “Drawing Inspiration from the Hula Valley” vorgestellt, in dem alle Werke versammelt sind. Ein Gespräch mit dem Direktor von Artists for Nature, Ysbrand Brouwers, über das Kunst-Projekt im Hula-Tal und seine Erfahrungen in Israel.

Israel-Magazin: “Artists for Nature” haben Projekte auf vier Kontinenten realisiert. Was ist das Anliegen der Organisation?

Ysbrand Brouwers: Künstler haben sich seit Jahrhunderten von der Vielfalt der Natur inspirieren lassen. In der heutigen Zeit mit ihren vielfältigen Umweltproblemen müssen wir aber sehen, dass “die schönsten Dinge im Leben nicht mehr umsonst sind”, wie es der große kanadische Künstler Robert Bateman schon in den frühen 1980er Jahren formulierte: Reines Wasser, saubere Luft, unverbaute Landschaft; alles dies sind keine Selbstverständlichkeiten mehr. Bateman hat mit einer Kunstaktion schon in den 80er Jahren dazu beigetragen, dass ein einmaliger Naturschatz in Kanada, das Carmana-Valley, nicht zerstört wurde. Das war uns Ansporn.

IM: Sie wollen also mit Ihrer Arbeit aktiv einen Beitrag zur Erhaltung bestimmter Natur-Gebiete leisten. Mit Pinseln gegen Planierraupen sozusagen?

„Schlangenadler“. (© Zev Labinger)

Ysbrand Brouwers:Ja, wir wollen mit unseren Mitteln einen Beitrag leisten und zeigen, dass Natur einen sehr großen Wert hat. Dabei ist es nicht so, dass wir selbst etwas aktiv schützen, sondern dass wir unser Können den Initiativen vor Ort zur Verfügung stellen, damit sie die bei Ihnen durch uns entstandenen Kunstwerke nutzen können, um ihre Überzeugungsarbeit voranzutreiben. Wir bieten unsere Kraft und unsere Fertigkeiten an, damit vor Ort Entscheidungsträger oder Regierungen überzeugt werden können, wie einmalig ihre Natur ist und wie schützenswürdig – damit die Gebiete, in denen wir gewirkt haben, eine nachhaltige Entwicklung nehmen.

IM: Gibt es Erfolgsgeschichten zu berichten?

Ysbrand Brouwers: Zahlreiche. In Polen haben wir in dem riesigen Sümpfen der Biebzca-Marschen bei unseren ersten Besuchen noch sehen müssen, wie wahllos Vögel aus Spass abgeschossen wurden. Das Trinkwasser war stark verseucht. Nach unserem Projekt, unserer Arbeit mit den Menschen dort und der Veröffentlichung unseres Kunstbuchs über das Gebiet hat sich viel geändert. Es wurde kurz darauf sogar zum Nationalpark erklärt.

IM: Sie setzen auf Zusammenarbeit mit Naturschützern vor Ort oder kommen Sie quasi als Fremde in ein Projektgebiet?

Ysbrand Brouwers: Kooperation mit Initiativen vor Ort ist eines der wichtigsten Kriterien bei der Entschiedung, ob wire in Projekt machen. Wir wollen helfen, eine nachhaltige Entwicklung zu fördern, Ökotourismus voranzubringen und Kooperation zwischen verschiedenen Gruppen zu stärken. Unsere Bücher mit den versammelten Kunstwerken sind ein Mittel dazu. Während der Arbeitsaufenthalte der Künstler gibt es stets auch Musik, Ausstellungen, Workshops für Kinder der Region etc.

IM:
Dies ist das erste Projekt in Israel. Gab es Vorbehalte im Vorfeld?

Ysbrand Brouwers: Als wir die Künstler für das Projekt auswählten, gab es wieder einmal eine Phase verschärfter Spannungen im israelisch-palästinensischen Verhältnis. Eine walisische Künstlerin weigerte sich daraufhin aus, wie sie formulierte, Solidarität mit den Palästinensern, nach Israel zu reisen und forderte die anderen zum Boykott auf. Natürlich ist jeder frei, selbst zu entscheiden. Aber niemand sonst wollte den Boykott. Sie rechnete mit viel Unterstützung, blieb zum Glück für das Projekt und zu ihrem eigenen Pech aber allein. Wir sind eine nicht-religiöse, nicht-politische Initiative. Da kommt ein politischer Boykott nicht in Betracht. Unser Ziel ist der Naturschutz und die Förderung der interkulturellen Verständigung.

IM: Was war das besondere an einem Projekt in Israel?

Ysbrand Brouwers:Wir waren sehr beeindruckt, wie freundlich wir empfangen wurden und wie friedlich und zivil die Atmosphäre im Land ist. Beispiellos ist auch, dass wir das Buch über das Projekt in drei Sprachen verfasst haben, englisch, hebräisch und arabisch. Dies ist ein konfliktreiches Gebiet , und wir wollten ein Zeichen für die Verständigung setzen. Das ist das entscheidende, dass wir den grenzüberschreitenden Aspekt so klar herausgearbeitet haben. Es geht ja schließlich auch darum, das Wunder des wichtigsten Vogelzuggebietes über viele Länder hinweg, zu illustrieren. Das zu zeigen, zum Schutz aufzurufen, das ist unser Ziel. Da passt es, ein phantastisches “Friedenswerkzeug” in drei Sprachen geschaffen zu haben. Und natürlich ist das Hula-Tal etwas ganz besonderes: Die Golan-Höhen und die Berge Nord-Galiläas bilden einen faszinierenden Rahmen und das Tal selber mit dem See (Agmon) sucht seinesgleichen in der gesamten Nahost-Region.

„Schakale fressen einen toten Kranich“. (© Pachalis Dougalis)


IM:
Wie setzte sich die Gruppe der Künstler zusammen?

Ysbrand Brouwers: Neben zahlreichen Künstlern aus Europa und den USA haben wir Wert darauf gelegt, auch regionale Maler dabeizuhaben. Und das ist gelungen: Israelis, auch arabische Israelis sind selbstverständlich dabei. Künstlerisch achten wir bei der Auswahl der Künstler auf Vielfalt der Stile. Wir haben auch versucht, etwa Kindergruppen aus Jordanien einzuladen. Unsere israelischen Partner vor Ort hätten das sehr gern gehabt, aber die eigene Regierung macht das nicht eben leicht. Es wäre sehr schwer gewesen für diese Gruppen, einzureisen. Das gibt es natürlich auch auf der anderen Seite. Vor einigen Jahren wollten wir von Jordanien aus ein Projekt zum Jordan-Fluss machen. Wir bekamen grünes Licht von der jordanischen Regierung, nur eine Bedingung gab es: Keine Einbeziehung Israels. Das ist natürlich undenkbar für ein solches Projekt, denn auch für Israel ist der Jordan einer der wichtigsten Flüsse – wir haben dann auf das Projekt verzichtet, als es politisch wurde. Das wollten wir nicht.

IM: Gibt es inhaltliche Vorgaben an die Künstler?

Ysbrand Brouwers: Sehr wichig ist, dass wir immer die menschliche Aktivität in den Gebieten einbeziehen. Die Bauern, die Kartoffeln ernten oder auch die Menschen, die die Natur schützen beispielsweise. Der menschliche Aspekt ist essentiell. Stilistisch sind wir offen. Malerei aller Stile, Bildhauerei. Wichtig ist nur, dass alle Bilder einen starken Bezug zum jeweiligen Gebiet haben. Sie können abstrakt sein oder gegenständlich, aber sie müssen den Geruch, die Atmosphäre, den Geist des jeweiligen Gebietes versprühen. Weiteres Muss ist, dass die Künstler wirklich im Feld arbeiten. Wir wollen nicht, dass – wie in der fotorealistischen Kunst zu sehen – schöne Fotos gemacht werden und dann im Atelier nachgezeichnet wird.

IM: Sie versuchen, in jedem Land, auch immer ein kleines Projekt zum Naturschutz zu unterstützen. Was tun Sie in Israel?

Ysbrand Brouwers: Wir haben einige Bilder an die Vogelschützer gespendet und wir werden das grenzüberschreitende Projekt zur Schleiereulenansiedlung unterstützen (siehe Text oben). Wir werden wohl Nistkästen für die Palästinenser finanzieren.

(Interview: Thomas Krumenacker – www.krumenacker.de)

>>> “Drawing Ispiration from the Hula Valley” können Sie direkt bestellen bei: www.artistsfornature.com

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