Weizmann-Institut entdeckt Regulierungscode
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Weizmann-Institut entdeckt Regulierungscode

Regulationshierarchie. (© Weizmann-Institut)

Regulationshierarchie. (© Weizmann-Institut)

REHOVOT (wi) – Seit der Sequenzierung des menschlichen Genoms im Jahre 2001 konnten all unsere Gene – etwa insgesamt 20.000 – identifiziert werden. Dennoch ist vieles noch unbekannt, zum Beispiel wo und wann jedes der Gene aktiv wird. Neben jedem Gen befindet sich ein kurzes DNS-Segment und die Aktivität dieses Regulierungssegments bestimmt, ob, wo und wie stark das Gen angeschaltet wird. Diese kurzen Regulierungssegmente sind mindestens genauso wichtig wie die Gene selbst.

Fast 90 Prozent der Krankheit hervorrufenden Mutationen ereignen sich in diesen Regulierungsabschnitten. Sie sind für die richtige Entwicklung von Geweben und Organen verantwortlich und bestimmen beispielsweise, dass Augenzellen, und zwar nur die Augenzellen, über Lichtrezeptoren verfügen, während nur die Zellen der Bauchspeicheldrüse Insulin herstellen. Demnach könnte ein besseres Verständnis dieses Regulierungssystems, seines Mechanismus sowie seiner möglichen Funktionsstörungen zu Fortschritten in der biomedizinischen Forschung führen, insbesondere in der Entwicklung gezielter Therapien, die individuell auf jeden Patienten zugeschnitten sind.

Trotz der Bedeutung dieser Regulierungsabschnitte aber weiß man noch nicht genügend über den sogenannten „Regulierungscode“. Um dieses Problem anzugehen, entwickelte ein Forschungsteam unter Vorsitz von Dr. Ido Amit aus dem Fachbereich Immunologie am Weizmann Institut gemeinsam mit den Wissenschaftlern Manuel Garber, Nir Yossef und Aviv Regev des Broad Institute in Massachusetts, USA, sowie Nir Friedman von der Hebräischen Universität in Jerusalem ein hochmodernes, automatisiertes System zur Aufzeichnung dieser Abschnitte. Sie benutzten dieses System, um die wichtigen Prinzipien zu entschlüsseln, nach denen diese Regulierungselemente funktionieren. Ihre Forschungsstudie, die im Magazin Molecular Cell erschienen ist, enthüllte eine hierarchische Struktur für diesen Regulierungscode. Durch die Aufzeichnung einer Großzahl der Regulierungsfaktoren schaffte es das Team, den umfassenden Plan für die Genregulierung und auch die intimen Details des Mechanismus der Immunreaktion zu enthüllen.

„Wir beobachten hier einen Wettlauf zur Aufzeichnung des Regulierungscodes und entdecken dabei seine Verbindungen zu Krankheit und menschlichen Variationen, die an den Wettlauf zur Sequenzierung des menschlichen Genoms erinnern,“ sagt Amit. „Aber bisher blieben die Teilnehmer stets vor einer hohen Hürde stecken: Der Prozess zur Aufzeichnung der regulierenden Elemente während der letzten 30 Jahre war äußerst kompliziert, komplex und arbeitsintensiv und erforderte riesige Wissenschaftlerteams. Mit der neuen Methode ist es nun möglich, dass sich lediglich eine kleine Zahl von Wissenschaftlern um die Durchführung einer Studie ähnlich diesen Mega-Teams und auch in weitaus kürzerer Zeit kümmert.“

Diese sehr effiziente, automatisierte Methode ermöglichte es Amit und seinem Team eine große Zahl regulierender Proteine und parallel dazu auch ihrer Verbindungsstellen zu untersuchen. Sie setzten die Immunzellen Bakterien aus – wobei sie die Gene aktivierten – und verfolgten dann die Aktionen dutzender Regulierungsproteine, von denen man weiß, dass sie in der Immunreaktion eine wichtige Rolle spielen. Den Wissenschaftlern war es nicht nur möglich, die Anbindungsstellen auf jedem der Gene und die Gene, welche sie aktivieren, zu identifizieren, sondern auch die Stufen der Aktivierung und die involvierten Mechanismen.

Eine der bedeutenderen Entdeckungen war, dass sich die Aktionen dieser regulierenden Faktoren ganz genau in drei Stufen einer Art Regulierungshierarchie klassifizieren lassen. An der untersten Stufe befinden sich die Faktoren, welche die groben Unterteilungen in Hauptzellentypen vornehmen, indem sie die Zelldifferenzierung lenken. Diese Faktoren sind die Grundregulierungsrichtlinien, die selbständig festlegen, ob eine Zelle die Charakteristika einer Muskelzelle oder etwa einer Nervenzelle besitzt. Auf der zweiten Stufe befinden sich die Regulierungsfaktoren, die die Subidentität der Zelle bestimmen, indem sie die Stärke des Genausdrucks kontrollieren. Diese Faktoren sind für die Herstellung der nahe verwandten Untertypen verantwortlich, wie beispielsweise Muskelfasern, die entweder glatt oder geriffelt sind, oder nahe verwandte Immunzellen. Regulierungsfaktoren der dritten Stufe sind spezialisierter: Sie wirken sich nur auf bestimmte Gene aus, die in Reaktion auf Signale von außerhalb der Zelle aktiv werden, wie etwa beim Eindringen von Bakterien, Hormonen, starkem Hunger usw.

Man hofft, dass ein genaues Verständnis der Regulierungscodes und der Funktionsstörungen dieses Regulierungsmechanismus den Wissenschaftlern dabei helfen kann, die Entstehung und das Fortschreiten von Krankheiten besser vorherzusagen. In Zukunft könnte das Verständnis des Regulierungssystems zu Fortschritten in der rehabilitativen Medizin verhelfen. Regulierungsmechanismen könnten zur Umleitung der Zelle eines Patienten eingesetzt werden, die dann wieder eingepflanzt werden könnte, um damit die Probleme bei der Benutzung von Spenderzellen zu umgehen.

Amit: „Diese neue Methode zur Aufzeichnung des Regulierungsplans des Gens könnte neue Ausblicke zur Untersuchung diverser biologischer Abläufe eröffnen, einschließlich der Systemdefekte bei Krankheiten.“

Dr. Ido Amits Forschungsarbeit wird finanziert von dem Abramson Family Center for Young Scientists, der Abitsch Frenkel Foundation for the Promotion of Life Sciences, Sam Revusky in Kanada, dem Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust, dem M.D. Moross Insitute for Cancer Research, von Dr. Herbert und Dr. Esther Hecht in Beverly Hills in Kalifornien, aus dem Nachlass von Ernst und Anni Deutsch sowie aus dem Nachlass von Irwin Mandel.

Das Weizmann Institut in Rehovot, Israel, gehört weltweit zu den führenden multidisziplinären Forschungseinrichtungen. Seine 2700 Wissenschaftler, Studenten, Techniker und anderen Mitarbeiter sind in einem breiten Spektrum naturwissenschaftlicher Forschung tätig. Zu den Forschungszielen des Instituts gehören neue Möglichkeiten im Kampf gegen Krankheit und Hunger, die Untersuchung wichtiger Fragestellungen in Mathematik und Informatik, die Erforschung der Physik der Materie und des Universums und die Entwicklung neuer Werkstoffe und neuer Strategien für den Umweltschutz.

(Weizmann-Institut)

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