David Ben-Gurions Tagebuch-Notizen zur Staatsgründung
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David Ben-Gurions Tagebuch-Notizen zur Staatsgründung

David Ben Gurion verkündet die Gründung des israelischen Staates am 14. Mai 1948. (Foto: Rudi Weissenstein © Pri-Or Photohouse)

David Ben Gurion verkündet die Gründung des israelischen Staates am 14. Mai 1948. (Foto: Rudi Weissenstein © Pri-Or Photohouse)

TEL AVIV (im) – Im seinem Tagebuch hinterlässt David Ben-Gurion, erster Premierminister Israels, seine persönlichen Eindrücke und die wichtigsten Fakten rund um diesen bedeutsamen Tag. Veröffentlicht sind Teile des Tagebuchs in dem 1978 erschienenen Taschenbuch „Von Abraham bis Begin – Notizen aus Israels Vergangenheit und Gegenwart“ von Einar Rimmerfors, das gebraucht auch noch über booklooker.de zu haben ist. Ben-Gurion begann seine Rede zur Staatsgründung am 14. Mai 1948 mit den Worten: „2000 Jahre haben wir auf diese Stunde gewartet – und nun ist es geschehen. Wenn die Zeit erfüllt ist, kann Gott nichts widerstehen.“

14.5.48

(Alle Zitate in kursiv)

Morgens Sitzung des Stabes. Ich ordnete an, daß das Wichtigste sei, dem Feind Schläge zu versetzen. Der Schutz der Siedlungen ist nicht mehr die Hauptsache. Erhielt Mitteilungen über Erfolge der Hagana. Um 11 Uhr teilte man mir mit, daß die Frauen aus Kfar Ezion nach Jerusalem entlassen wurden. Die Männer gerieten in Gefangenschaft.

Um 1 Uhr: Bestätigung der Unabhängigkeitserklärung im Volksrat. Um 4 Uhr nachmittags Ausrufung des Staates. Jubel und Freude im Land. Wieder, wie am 29. November 1947, bin ich ein Trauernder unter Frohlockenden. Das Schicksal des Staates liegt in den Händen der Sicherheitskräfte.

Sofort nach der Zeremonie kehrte ich ins Generalstabsgebäude zurück. Beratung über die Lage, die sich dauernd zuspitzt. Schlimme Nachrichten über Panzerkolonnen der Arabischen Legion und Truppenkonzentrationen der Syrer. Demgegenüber hatten unsere Soldaten Erfolge im westlichen Galiäa. Die Polizeischule in Jerusalem und andere strategische Punkte der Stadt wurden eingenommen.

Fast alle Mitglieder des Stabes widersetzten sich meiner Auffassung, daß ein konzentrierter Sturmangriff auf die Orte an der Straße Tel-Aviv-Jerusalem einzuleiten ist. Der Grund: Wir haben zu wenig Truppen, und die Pläne des Gegners sind unbekannt. Ohne ausdrücklichen Beschluß der Volksleitung (an das Wort „Regierung“ habe ich mich noch nicht gewöhnt) wollte ich gegen die Auffassung der Offiziere keinen Befehl erteilen. Ich habe aber das Gefühl, daß wir eine Gelegenheit versäumen, die das Schicksal Jerusalems und vielleicht des Kampfes überhaupt entscheiden könnte.

In der Nacht kamen schlechte Nachrichten aus dem Negev. Wird Tel Aviv heute Nacht aus der Luft bombardiert werden?

15.5.48

Zweimal weckte man mich in der Nacht. Um 1 Uhr teilte man mir mit, Truman habe den Judenstaat anerkannt. Um 4.30 Uhr – inzwischen konnte ich nicht wieder einschlafen – sagte man mir, daß unsere Freunde in Amerika verlange, ich möge im Radio sprechen. Ich ging ins Rundfunkstudio der Hagana und konnte erst um 5.15 Uhr mit der Ansprache beginnen. Während der Rede wurde Tel Aviv aus der Luft bombardiert. Die Bomben gingen, wie zu erkennen war, in der Nähe des Flughafens nieder, und es fiel mir nicht leicht, meine Ansprache zu Ende zu führen.

In einem seiner Erinnerungsbücher schreibt David Ben-Gurion: Zwei Stunden vor der Proklamation wurde eine gemeinsame Versammlung mit Haganahs Generalstab abgehalten. Da teilte der Oberbefehlshaber, Yigael Yadin, mit, daß laut eingegangenen Berichten die Armeen von fünf Araberstaaten, nämlich von Ägypten, Transjordanien, Irak, Syrien und Libanon voll gerüstet mit Tankern, Kampfflugzeugen und leichten Waffen bereitstünden, um Mitternacht eine Invasion des Landes vorzunehmen, sobald Englands Hochkommissar es verlassen und das Mandat außer Kraft gesetzt sei. Mit schwerem Herzen begab ich mich ein paar Minuten vor vier Uhr (am 14. Mai 1948) zum Museum, um den jüdischen Staat auszurufen, den wir Israel zu nennen beschlossen hatten. Als ich hinkam, war das Auditorium voll besetzt. Die Straßen wimmelten von frohen, jubelnden Volksscharen… Danach nahm ich die Unabhängikeitserklärung in die Hand und verlas sie, das Herz gleichzeitig erfüllt mit Beben und feierlicher Freude. Ich suchte meiner Bewegung Herr zu werden und las die Erklärung mit lauter und klarer Stimme vor, währen sich alle erhoben, um zu lauschen. Rabbi Maimon, der Alterspräsident der Versammlung, sprach den Segen und die Danksagung an den Allmächtigen, daß er uns am Leben erhalten hatte, so daß wir diesen Tag erleben durften.

Vita David Ben-Gurion

David Ben-Gurion (hebräisch ‏דוד בן גוריון‎; gebürtig David Grün; * 16. Oktober 1886 in Płońsk, Kongresspolen; † 1. Dezember 1973 in Tel HaSchomer, Israel) war der erste Premierminister Israels und einer der Gründer der sozialdemokratischen Arbeitspartei Israels. Er war Parteivorsitzender von 1948 bis 1963. Von 1948 bis 1953 und von 1955 bis 1963 war Ben-Gurion israelischer Premierminister. 1955 amtierte er kurz als Verteidigungsminister. (Wikipedia)

Kurzlebenslauf
1906: Auswanderung aus Polen nach Palästina
1918: Beitritt der Jüdischen Legion in die britische Armee. Nach Ende des 1. Weltkrieges Rückkehr nach Palästina.
14.05.1948: David Ben-Gurion verliest die israelische Unabhängigkeitserklärung
25.02.1949: Ben-Gurion wird zum 1. Premierminister Israels ernannt
1953: Rücktritt und Übersiedlung in den Kibbutz Sde Boker in der Negev-Wüste (Wüste Zin)
1955: Kurze Zeit Verteidigungsminister
1955: Erneute Ernennung zum Premierminister
1963: Rücktritt als Premierminister
1970: Rückzug von allen politischen Ämtern, er lebte bis 1973 erneut in Sde Boker
David Ben-Gurion wurde vom „Time Magazin“ zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gewählt. (David Ben-Gurion Stiftung in Deutschland)

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