Hannover: Höchster Rabbiner Israels beginnt Torahrolle
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Hannover: Höchster Rabbiner Israels beginnt Torahrolle

Oberrabbiner Jona Metzger, höchster Rabbiner aus Israel, schreibt den ersten Buchstaben in der neuen Torahrolle, im Hintergrund Bernd Strauch, Bürgermeister der Landeshauptstadt Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Oberrabbiner Jona Metzger, höchster Rabbiner aus Israel, schreibt den ersten Buchstaben in der neuen Torarolle, im Hintergrund Bernd Strauch, Bürgermeister der Landeshauptstadt Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

HANNOVER (im) – Am Sonntagnachmittag ist im Jüdischen Bildungszentrum Chabad Hannover eine neue Torarolle begonnen worden. Zu dem Festakt waren Jona Metzger, Oberrabiner des Volkes Israel, und Repräsentanten unter anderem der Stadt Hannover und des Kultusministeriums Niedersachsen sowie die Stifter aus Berlin und Hannover angereist. Rabbiner Benjamin Wolff, Direktor des Bildungszentrums, begrüßte mit Freude die rund 250 geladenen Gäste aus dem In- und Ausland.

Einige der Honoratioren richteten Grußworte an die Gäste: Bernd Strauch, Bürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, Heiner Hoffemeister von Niedersächsischen Kultusministerium, Arkadi Litvan von der Jüdischen Gemeinde Hannover, Marat Schkolnikov als einer der beiden Stifter sowie Oberrabbiner Jona Metzger aus Israel. Weitere Ehrengäste waren der zweite Stifter Alexander Korovay, Bürgermeisterin a.D. Ingrid Lange, Salomon Finkelstein und Henry Korman, beide Überlebende der Shoah und Michael Davidov von der Bucharisch Jüdischen Gemeinde in Hannover.

Rabbiner Benyamin Wolff begrüßt die rund 300 geladenen Gäste im Jüdischen Bildungszentrum Chabad Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Rabbiner Benyamin Wolff begrüßt die rund 300 geladenen Gäste im Jüdischen Bildungszentrum Chabad Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Die erste handgeschriebene Tora erhielt Chabad Hannover im letzten Jahr im Rahmen einer großen Einweihungsfeier. Zwei Torarollen sind notwendig, weil an Feiertagen aus zwei Rollen parallel vorgelesen wird. Für eine Synagoge werden drei, von Hand geschriebene, Torarollen benötigt. Die Tradition des Torah-Schreibens besteht nach dem jüdischen Kalender seit 2.489 Jahren nach der Entstehung der Welt, seit 3.320 Jahren oder nach dem christlichen Kalender seit 1310 v.Chr.

Die Gäste im Jüdischen Bildungszentrum Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Die Gäste im Jüdischen Bildungszentrum Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Der Cousin von Rabbiner Wolff, Rabbiner Greisman aus Stockholm, der eigens zu diesem Ereignis angereist war, erklärt die Bedeutung und Erstellung einer Torarolle: Im Talmud, eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, ist genau beschrieben, wie eine Torarolle angefertigt werden muss. Dabei sind Buchstabengröße und -aussehen, Zeilenabstand und Beschaffenheit des Materials, genauestens festgelegt. Das führt dazu, dass sämtliche Torarollen weltweit absolut identisch aussehen – innen wie außen, und exakt 304.805 Buchstaben enthalten. Jede Seite hat 42 Zeilen und darf nur von einem speziell geschulten frommen Schreiber, einem Sofer, geschrieben werden. Dieser muss, bevor er zugelassen wird, neben der Schreibkunst erlernen, mehr als 4.000 jüdische Gesetze kennen. Der Schreiber der neuen Torarolle Chaim Lukaschevsky ist in Odessa (Ukraine) geboren, lebt heute in Israel und war in früheren Jahren Schüler von Rabbiner Benjamin Wolff.

Klezmer-Klänge vor Beginn der Veranstaltung durch das Ensemble der Jüdischen Gemeinde Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

Klezmer-Klänge vor Beginn der Veranstaltung durch das Ensemble der Jüdischen Gemeinde Hannover. (© Matthias Hinrichsen)

In jeder jüdischen Gemeinde oder jedem Bildungszentrum werden traditionell Sofer-Tora (handgeschriebene Torarollen) benötigt. Diese sind nach jüdischem Verständnis zur Ehre Gottes, wobei jeder einzelne Buchstabe ebenso der Ehre Gottes dient. Daher darf auch kein einziger falsch geschrieben sein. Jeder hebräische Buchstabe ist Teil der jüdischen Seele und der jüdischen Identität, so wird gesagt. Das Pergament besteht aus koscherer Kuhhaut, und jede Seite wird mit der vorigen vernäht bis die gesamte hebräische Bibel, die fünf Bücher Mose, komplett ist und so eine riesige Rolle ergibt. Diese wird in den Gemeinden innerhalb eines Jahres komplett gelesen, begonnen am Feiertag Simchat Torah. Beim Vorlesen durch den Rabbiner darf nicht ein Wort falsch gelesen werden. Sollte dieses dennoch geschehen, muss es richtig wiederholt werden, denn nach jüdischem Glauben, geht jedes Wort in den Himmel.

Auch die beiden Stifter der neuen Torahrolle durften jeweils einen Buchstaben schreiben. (© Matthias Hinrichsen)

Auch die beiden Stifter der neuen Torahrolle durften jeweils einen Buchstaben schreiben. (© Matthias Hinrichsen)

Oberrabbiner Jona Metzger (58) ist seit 2003 in seiner Funktion als höchster Rabbiner in Israel und Repräsentant des Judentums in dem Land. Er gilt als charismatischer Redner, der als großer Befürworter des interreligiösen Dialogs zwischen Juden, Christen und Moslems gilt. Seine Mutter, so erzählt er in seiner Begrüßungsrede, stamme ursprünglich aus Deutschland und konnte zu jener Zeit das Land Richtung Israel verlassen und so den Repressalien der Naziherrschaft entgehen.

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