„A wie Jüdisch – In 22 Buchstaben durch die Gegenwart“

26. November 2018 bis 30. September 2019

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„A wie Jüdisch – In 22 Buchstaben durch die Gegenwart“

Videostil aus der Videoarbeit

Videostil aus der Videoarbeit „Twenty Two Letters“ (© Victoria Hanna/JMB)

BERLIN (im/jmb) – Im Jüdischen Museum Berlin läuft vom 25. November 2018 bis 30. September 2019 die Ausstellung „A wie Jüdisch – In 22 Buchstaben durch die Gegenwart“. Dort werden bei 22 Stationen, teilweise mit den Buchstaben in überdimensionaler, dreidimensionaler Form, Elemente des heutigen Judentums näher betrachtet und erklärt. Bei der Erstellung haben über 100 Schüler aus drei Berliner Schulen mitgewirkt, weil diese Altersgruppe auch gleichzeitig Hauptzielgruppe sei, so Leontine Meijer-van Mensch, Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin. Die Ausstellung zeigt Jüdisches von heute, die Vielfalt des Lebens, gibt unbelastete Einblicke in das wieder auflebende Judentum in Deutschland. Viele junge Jüdinnen und Juden definieren ihr Verhältnis zu Deutschland neu: Sie lehnen es ab, sich ausschließlich zwischen den Begriffen Schoa, Antisemitismus und Israel verorten zu lassen. Die Veränderungen von Sichtweisen in den Generationen spiegeln sich demnach in dieser Ausstellung wider.

Blick in die Ausstellung „A wie Jüdisch“; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Yves Sucksdorff

Blick in die Ausstellung „A wie Jüdisch“; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Yves Sucksdorff

Für das Jüdische Museum war wichtig, dass die jungen Generationen sich angesprochen fühlen, die auch aus den muslimischen Reihen kommen und eine willkommene Offenheit zeigen. Für jüdische Jugendliche in Deutschland ist mit solch einer Ausstellung auch ein Stück Identitätsfindung verbunden. Die Ausstellung beginnt mit dem Alef (A), dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets und endet mit den Tav (T), dem letzten Buchstaben der jüdischen Bibel, der Tora. Meijer-van Mensch betont, dass die Ausstellung ein gesundes Selbstverständnis des Judentums und so eine unverkrampftere Beziehung zum Judentum und Israel gefördert werden soll und das in einer spielerischen Annäherung. Das Museum bietet hierzu Führungen für Schulgruppen – maximal 15 Schüler pro Gruppe – an, die ein dialogisches Konzept verfolgen. Nicht Vortrag sondern miteinander interagieren und aufeinander eingehen sei der heutige Standard. Die spielerische Annäherung an diese Themenwelt bieten dafür einen guten Einstieg für Schüler.

Mussi Bistritzky hält eine Rede während ihrer Bat-Mitzwa-Feier. (© Gesche M. Corde/JMB)

Mussi Bistritzky hält eine Rede während ihrer Bat-Mitzwa-Feier. (© Gesche M. Corde/JMB)

Von Alef bis Taw
Besucher wandeln auf 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche an dreidimensionalen Buchstaben vorbei. 22 Momentaufnahmen geben Einblicke in den Alltag religiöser, alteingesessener oder gerade in Deutschland angekommener Juden. Etwa 200.000 Jüdinnen und Juden leben in Deutschland. Die Hälfte von ihnen sind Mitglieder jüdischer Gemeinden, 90 Prozent davon sind Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion. In Herkunft, Sprache und religiöser Praxis unterscheiden sich die verschiedenen jüdischen Gruppierungen. In der Ausstellung zeigen Fotografien, Videoarbeiten, Gemälde und rituelle Gegenstände aus dem 21. Jahrhundert, wie sich Judentum in Deutschland heute definiert. Zu den Künstlern der Ausstellung gehören Zoya Cherkassy, Leonard Freed, Hadassa Goldvicht, Victoria Hanna, Barbara Honigmann und Alona Rodeh.

Ob Alef, Bet oder Dalet, die riesigen Buchstaben lenken den Blick auf gegenwärtige jüdische Positionen. So eröffnet das »ALEF« den Rundgang mit der Videoarbeit »Twenty Two Letters« von Victoria Hanna (Foto ganz oben). Die derzeit wohl schillerndste israelische Musikerin lässt Sprache zu Klang werden und komponiert kabbalistischen Rap. Das »BET« greift die Zeremonie der Bar Mizwa bzw. Bat Mizwa auf, mit der die Gemeinde Jungen ab 13 und Mädchen ab 12 Jahren als erwachsene Mitglieder in ihren Reihen aufnimmt. Das »DALET« steht in der Ausstellung für »Desintegration« und beschreibt die provokative Bewegung der neuen Generation jüdischer Künstler, die sich von der deutschen Erinnerungskultur nicht mehr als Opfer vereinnahmen lassen wollen.

„Dieser Fisch macht Kinder froh und Rabbiner ebenso“
Im Buchstaben KAF ist zum einen der Gummibärchenautomat integriert (2 Euro pro Tüte), zum anderen werden in einer Vitrine die jüdischen Speisegesetze erklärt. Diese legen fest, welche Lebensmittel koscher sind und auf welche Weise man sie verzehren darf. Damit Gummibärchen koscher, das heißt zum Verzehr geeignet, sind, werden sie mit Gelatine aus Fisch hergestellt.

Mizwot zum Kennenlernen
Ein eigens für die Ausstellung gebautes 1,5 Meter großes Mizwot-Rad führt Besucher mit einem Augenzwinkern in die 248 Ge- und 365 Verbote der Tora ein. Ihre stetige Ausübung ist zentral für ein religiöses, jüdisches Leben. Der Ausdruck „eine Mizwa tun“, etwa Hilfsbereitschaft zu zeigen, ist hieraus entstanden. Besucher drehen das Rad und erhalten zu Begriffen wie Tattoos, Unmut oder Kränkung Erklärungen und praktische Vorschläge zu ausgewählten Mizwot.

Was macht Musik jüdisch?
Die Antworten darauf sind vielfältig. Ist es die Sprache, das Thema, die Melodie oder die Herkunft der Künstlerin? In sechs Interviews geben Musiker wie Daniel Kahn, Ben Salomo und Sharon Suliman persönliche Einblicke in ihre Lieder und beantworten die Frage, was an ihrer Musik speziell jüdisch ist oder eben nicht. Die Interviews wurden von Jugendlichen der „Geschichtswerkstatt 2017/18“ der Refik-Veseli-Schule vorbereitet und geführt.

Bios-Roboter schreibt den Tora-Text, Deutschland 2015. (© robotlab/JMB)

Bios-Roboter schreibt den Tora-Text, Deutschland 2015. (© robotlab/JMB)

„Gibt es die Sprache jüdisch?“
Erstmals waren mehr als hundert Berliner Schüler an der Ausstellung beteiligt. Diese kamen aus drei Berliner Schulen, an denen ein 80%iger Anteil an arabisch-stämmigen Schülern existiert. Ihre Fragen, Ideen und Recherchen sind in die Ausstellung eingeflossen. So entstanden für den Buchstaben WAF die vier künstlerischen Videos „Wünsche“ (3:48 min), „Klischees“ (02:30 min), „Fragen“ (1:57 min) und „Abschalten“ (2:10 min). So kommt es auch, dass bei dem Thema Hummus, sämtliche Restaurants in Berlin aufgelistet sind, die Hummus anbieten – egal ob israelisch/jüdisch oder arabisch. Der Beteiligungsprozess wurde vom Künstlerkollektiv sideviews e.V. konzipiert und durchgeführt.

Besucherinformationen

Ausstellung „A wie Jüdisch – In 22 Buchstaben durch die Gegenwart“

26. November 2018 bis 30. September 2019
Jüdisches Museum Berlin, Eric. F. Ross Galerie
Lindenstr. 9-14, 10969 Berlin
Tel.: +49 (0)30 25993 300
>>> weitere Informationen zur Ausstellung
www.jmberlin.de
E-Mail: info@jmberlin.de
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 20 Uhr; montags 10 bis 22 Uhr
Eintritt: 8,00 Euro, ermäßigt 3,00 Euro

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