„Ein Jude, der Deutschland liebte“
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„Ein Jude, der Deutschland liebte“

Die Ehefrau von Willy Cohn und seine beiden kleinen Töchter. (© Arte)

Die Ehefrau von Willy Cohn und seine beiden kleinen Töchter. (© Arte)

17.02.2013 – 04.50 Uhr – 3sat: Die Veröffentlichung der Tagebücher von Willy Cohn unter dem Titel „Kein Recht, nirgends“ war 2006 eine zeitgeschichtliche Sensation. 1.200 Seiten über das Leben seiner Familie, über die jüdische Gemeinde in Breslau und über die zunehmende Marter der Juden, die seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten „in einer Mäusefalle“ saßen: Vom Januar 1933 bis zum 17. November 1941 beschreibt Willy Cohn die Qual eines Patrioten, der sein Vaterland liebte, und eines gläubigen Juden, der sich ein neues Leben nur in „Erez Israel“ vorstellen konnte.

Willy Cohn 1937 auf dem Weg nach Palästina zu seinem Sohn Ernst. (© Arte)

Willy Cohn 1937 auf dem Weg nach Palästina zu seinem Sohn Ernst. (© Arte)

Als er sich zur Auswanderung entschloss, war es zu spät. Im November 1941 wurden Cohn, seine Frau und seine beiden kleinen Töchter verschleppt, deportiert und erschossen. Seine drei ältesten Kinder Louis „Wölfl“, Ernst und Ruth hatte Willy Cohn noch rechtzeitig nach Frankreich und Palästina geschickt. Die Journalistin Petra Lidschreiber hat die drei filmisch begleitet. Louis Wölfl Cohn besucht seine Heimatstadt Breslau zum ersten Mal, seit er 1933 als 18-Jähriger geflohen war. Das alte Wohnhausist noch erhalten, auch das „Johannesgymnasium“, in dem er Abitur machte und der Vater unterrichtete.

Schließlich das Familiengrab: Hier stand die letzte Bank, auf der Willy Cohn mit seinen Kindern sitzen durfte. Ein filmischer Dialog zwischen den Kindern und ihrem ermordeten Vater entsteht: Warum kehrte Willy Cohn wieder zurück, als er 1937 mit seiner Frau den Sohn Ernst in Palästina besuchte? Warum zögerte er, die deutsche Heimat zu verlassen? Das Tagebuch endet wenige Tage vor Willy Cohns Ermordung. „Doch habe ich den eisernen Wunsch, im Interesse der Familie keinesfalls schlappzumachen“, schreibt er Mitte November 1941.

Ein Jude, der Deutschland liebte
Das Tagebuch des Willy Cohn
Dokumentation von Petra Lidschreiber, Deutschland 2008

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