Buch-Tipp: Die Geschichte der Eisenbahn in Israel
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Buch-Tipp: Die Geschichte der Eisenbahn in Israel

Die zwischen Jaffa und Tel Aviv verkehrende Linie musste durch zunehmende Gewalttätigkeiten in den 1940er Jahren eigestellt werden. Auf dem verbliebenen Streckenabschnitt in Syrien verkehrten noch zwei weitere Jahre noch ein paar Züge, die schon damals für Eisenbahnliebhaber aus der ganzen Welt von Bedeutung waren. (© Hentrich & Hentrich)

Die zwischen Jaffa und Tel Aviv verkehrende Linie musste durch zunehmende Gewalttätigkeiten in den 1940er Jahren eigestellt werden. Auf dem verbliebenen Streckenabschnitt in Syrien verkehrten noch zwei weitere Jahre noch ein paar Züge, die schon damals für Eisenbahnliebhaber aus der ganzen Welt von Bedeutung waren. (© Hentrich & Hentrich)

Buchtitel. (© Hentrich & Hentrich)

Buchtitel. (© Hentrich & Hentrich)

BERLIN/TEL AVIV (im) – Es ist bereits auf Hebräisch und Englisch erschienen, nun erfreulicherweise auch in deutscher Sprache: „Bahnt den Weg – Ein historisches Album der Eisenbahn in Israel“ ist ein sehr gelungenes, aber ebenso individuelles Druckwerk von Paul Cotterell, dem israelischen – verzeihen Sie – Eisenbahnnarr. Keiner scheint so wie er in der mehr als einhundert Jahre alten israelischen Eisenbahngeschichte gelebt zu haben, sich so intensiv auszukennen. Dementsprechend ausgereift ist dieses Buch inhaltlich und beglückt den Leser und zeitgeschichtlichen Stöberer immer wieder mit kleinsten Details der wechselhaften Eisenbahn-Historie der Region zwischen Mittelmeer und Rotem Meer, die selbstverständlich ein Spiegelbild des politischen Geschehens darstellt.

Vorgeschichte

Das Buch hat jedoch eine Vorgeschichte, die des Autoren Paul Cotterell. Es hat den Anschein, als habe er ausschließlich gelebt, um der Nachwelt einen großen Fußabdruck in der Eisenbahnwelt zu hinterlassen. Im Jahr 2007 starb er plötzlich bei der Arbeit in der Kishon-Hauptwerkstatt in Haifa. Er hatte die letzte Dampflokomotive Israels vor der Verschrottung gerettet, genauso wie viele eisenbahn-geschichtlich bemerkenswerte Objekte und Dokumente vor der Vernichtung. Sein Nachfolger Chen Melling hat mit großem Engagement und einigen Mitarbeitern dieses Buch in hebräischer Sprache vollendet, die englische Ausgabe folgte ein Jahr darauf und nun vom Verlag Hentrich & Hentrich die deutsche Übersetzung.

Einige der Haltepunkte bestanden lediglich aus einem hölzernen Stationsschild. 1937 wurde dem in HaSadeh bei Bet Shean eingerichteten Haltepunkt die Ehre zuteil, mit einer Wellblechhütte zum Unterstellen versehen zu werden. Das Foto zeigt einen 1938 in HaSadeh einfahren Zug. Trotz all ihrer Unvollkommenheit war die Talbahn eine unverzichtbare Lebensader für die Siedler entlang der Strecke. (© Jewish Agency / Hentrich & Hentrich)

Einige der Haltepunkte bestanden lediglich aus einem hölzernen Stationsschild. 1937 wurde dem in HaSadeh bei Bet Shean eingerichteten Haltepunkt die Ehre zuteil, mit einer Wellblechhütte zum Unterstellen versehen zu werden. Das Foto zeigt einen 1938 in HaSadeh einfahren Zug. Trotz all ihrer Unvollkommenheit war die Talbahn eine unverzichtbare Lebensader für die Siedler entlang der Strecke. (© Jewish Agency / Hentrich & Hentrich)

Verarbeitung

Druck und Buchbindequalität sind auf sehr hohem Niveau, die Auswahl der Papierqualität vortrefflich gelungen. Bei einem Preis von 29,90 Euro sind diese Faktoren nicht selbstverständlich, es existieren genügend Negativbeispiele. Genießen Sie also alleine schon die Haptik, die ein richtiges fotodokumentarisches Druckerzeugnis so wertig machen. Der Umschlag ist gestalterisch sehr gut gelungen, der partielle Lack intensiviert farbige Abbildungen und die Schrift. Nur auf der matten Oberfläche wird im Laufe der Benutzung – die garantiert ist – der Gebrauch seine Spuren hinterlassen. Das Papier der Innenseiten ist optimal ausgewählt, kein speckglänzendes Papier, sondern mattes auf dem Fotos eine glänzende Oberfläche erhalten und die Schrift leserlicht bleibt – perfekt.

Inhalt

Nun zum Inhalt. Dieser wird eingeleitet durch ein Vorwort zur deutschen Ausgabe von Martin Frey, einer Einführung von Paul Cotterell selbst aus dem Jahr 2006 und Kapiteln wie „Meterspurig nach Jerusalem„, „Hedschasbahn ab Haifa“, „Der erste Weltkrieg“, „Palestine Railways“, „Israel Railways“ und „Die Karmelit-Standseilbahn“. Das alles wird abgerundet durch Darstellungen und Beschreibungen von Signalen, Schildern, Fahrkarten und Fabrikschildern sowie einem Stationenverzeichnis nebst einer 26 x 59 Zentimeter großen Karte mit allen historischen, aktuellen und geplanten Eisenbahnstrecken Israels.

Am 4. November 1954 wurde ein vier Kilometer kurzes Streckenstück zwischen Tel Baruch Junction und dem Bahnhof Tel Aviv Central eröffnet und damit eine direkte Bahnfahrt von Haifa nach Tel Avivi möglich machte. (© Israel Railway Museum / Hentrich & Hentrich)

Am 4. November 1954 wurde ein vier Kilometer kurzes Streckenstück zwischen Tel Baruch Junction und dem Bahnhof Tel Aviv Central eröffnet und damit eine direkte Bahnfahrt von Haifa nach Tel Avivi möglich machte. (© Israel Railway Museum / Hentrich & Hentrich)

Ein Eisenbahn- und Israel-Liebhaber wird in diesem Buch mit Unmengen an historisch interessanten Fotos überhäuft, dass es unmöglich ist, den Inhalt in kurzer Zeit zu erfassen. Und das hateinen großen Vorteil: Es wird nie langweilig. Die Haupthandlungen spielen sich in jedem einzelnen der rund 400 verwendeten Fotos ab. Eigentlich sollen Bildunterschriften kurz sein und den Leser dazu animieren, den Haupttext zu lesen. Bei „Bahnt den Weg“ ist es genau anders herum. Der Hautpttext skizziert nur die zeitlichen Gegenbenheiten, in den Bildunterschriften jedoch stecken die wahren Geschichten. Daher fallen sie nicht selten zehnzeilig aus. Hat man sich erst einmal an diese Eigenwilligkeit gewöhnt, und auch an die nicht lesefreundliche Schrifttype mit dem zu engen Zeilenabstand, kann man nicht genug bekommen.

Resümee

Dieses historisch wertvolle Buch ist nicht für „kleine Jungs, die in Dampfmaschinen und Loks verliebt sind“, sondern für Menschen, die sich mit der israelischen Zeitgeschichte seriös auseinandersetzen, für solche, die sich mit dem Land verbunden fühlen und nicht zuletzt für deutschsprachige Eisenbahnfreunde, umso mehr als Deutschland in der Werdung des Eisenbahnnetzes eine erhebliche Rolle spielt. „Bahnt den Weg“ zeigt ein Stück Aufbau, Industrialisierung und Modernisierung des jungen Staates Israel, der einzigartig in der Welt ist und das alles in einer sehr professionellen Weise, wie es selten mit so viel Herz zu finden ist. Unser Resümee: Unbedingt kaufenswert, auch wenn einige Fachbezeichnungen dem Laien nicht erläutert werden.

Paul Cotterell, Martin Frey (Hg.)
Bahnt den Weg
Ein historisches Album der Eisenbahn in Israel
Die Eisenbahngeschichte von Palästina und Israel in einzigartigen Bildern und Karten
216 Seiten, Hardcover
376 Abbildungen
ISBN: 978-3-942271-20-2
29,90 Euro / 49,90 CHF

>>> Klappentext des Buches

Noch ein Hinweis: Der Verlag Hentrich & Hentrich publiziert viele interessante Bücher für jüdische Kultur und Zeitgeschichte. Sollten Sie Besucher der Frankfurter Buchmesse sein, dann schauen Sie doch mal auf dem Messestand des Verlages in dieses Buch hinein.

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