Mahane Yehuda in Jerusalem

Der Mahane Yehuda Markt mit über 100-jähriger Tradition ist der größte Markt in Jerusalem. (© Matthias Hinrichsen)

Es ist der Lebensmittelmarkt Jerusalems: Frisches Obst und Gemüse, delikate Backwaren, Frischfisch und -fleisch – rund 250 Händler drängen sich auf mehr als 1.500 Standmetern unter freiem Himmel und bei gläserner Überdachung, dem Hauptweg des Marktes. Die riesigen vertikalen Deckenventilatoren im überdachten Bereich gehören ebenso zum markanten Erscheinungsbild wie die farbintensiven Früchte, Backwaren und Gewürze. Der Mahane Yehuda Markt liegt im Zentrum Jerusalems und ist ein Spiegelbild des originalen jüdischen Alltags. Hier drängen sich täglich rund 200.000 Menschen durch die engen Gänge, nur am Samstag sind alle Verkaufsstände geschlossen, dann ist Shabbat, der jüdische Ruhetag. Shuk heißt solch ein Markt auf hebräisch, doch der englische Begriff Market ist geläufiger in diesem Fall. Selbst die Straßenbahn-Haltestelle ist nach dem Markt benannt – oder vielmehr nach dem Viertel, in dem sich der Markt befindet, nämlich zwischen der Yafo und der Agripas Street. Machne Yehuda, mit langem „a“ am Ende.

Der Mahane Yehuda Markt ist einer der Attraktionen in der israelischen Hauptstadt und hat jede Menge zu bieten – und das ohne Eintrittsgeld bezahlen zu müssen. Geräusche, Gerüche und Visuelles in einer fantastischen Vielfalt. In den Morgenstunden geht es noch gemächlich zu, aber mit fortschreitendem Tagesverlauf kommen immer mehr Besucher, Einheimische wie Touristen. Letztere erkennt man sofort an ihren nicht aufhören wollenden staunenden Blicken und die gegenseitigen Fingerzeige auf das Feilgebotene – und der Guckmentalität ohne kaufen zu wollen. Die „Auskenner“ gehen zielstrebig ihren Gang, kaufen, lassen sich gezielt bedienen, keiner feilscht um den Preis. Es ist ja auch kein arabischer Basar, wo es üblich wäre. Probieren ist aber dennoch erlaubt, besonders bei Halva, der orientalischen Süßspeise. Auf dem Hauptweg befindet sich der selbsternannte „Halva-König“, der viel Werbung in eigener Sache macht und sein leider viel zu öliges Produkt den Besuchern zum Probieren anbietet. Kleiner Tipp: Auf dem nicht überdachten Parallelweg befindet sich ein weiterer Halva-Anbieter, der erheblich bessere Qualität anbietet und bei weitem nicht so ölig. Probieren Sie am besten bei beiden, und Sie schmecken den Unterschied. Ganz anders sieht es bei frischem Obst und Gemüse aus. Wenige Tage zuvor auf israelischen Feldern und Plantagen geerntet, kommt es auf direktem Weg auf den Markt. Die qualitativen Unterschiede sind nicht so groß, da heißt es nur, Preise vergleichen. Aber auch das kann man eigentlich vernachlässigen, zumal alle in etwa gleichauf liegen.

Mahane Yehuda Markt Jerusalem

Der überdachte Teil des Mahane Yehuda Marktes in Jerusalem ist ein Sinneserlebnis für Ohren, Augen, Nase und Gaumen. (© Matthias Hinrichsen)

Ein weiterer Angebotsschwerpunkt sind Backwaren. Einmal die landestypischen wie Fladenbrot, mit und ohne Auflage, Sesamringe, Weißbrot und Brötchen und das süßliche Challa, das am Schabbat für die abendliche Feier mit Wein verspeist wird, aber auch die ganze Woche gegessen werden kann, weil es so lecker ist. Aus der deutschsprachigen Heimat kennt man von arabischen Händlern die übersüßen kleinen Backwaren aus Teigfäden. Die gibt es hier auch, weil ihr Ursprung im Orient liegt, der Nahe Osten mit Israel ist ein Teil davon. Da gibt es keine religiösen oder Staatsgrenzen, da geht es die Verfügbarkeit von Lebensmitteln dieser Region. In Tel Aviv beispielsweise findet man genau diese Backwaren aus Kadayif hergestellt, die jüdischen Bewohner kamen einst aus dem Iran. So vermischt sich in Israel vieles in der kulinarischen Welt, jenseits politischer Interessen und Strömungen. Dazu passen auch die Nusssorten und Trockenfrüchte, alles aus eigener Produktion. Die ausschlaggebende Komponente jedes Gericht sind jedoch Gewürze, sie spielen in jeder Küche die wichtigste Rolle. Sie werden auf Feldern und in Gewächshäusern kultiviert, teils pur, teils gemischt angeboten. Für jede Stadt gibt es einen „Style“, für Salate, Fisch, Fleisch und Gemüse sowieso. Einmal daran gerochen, verfällt man den den ätherischen Düften und greift zu. Doch sollte man sich nicht gleich schaufelweise auf dieses geschmackliche Abenteuer einlassen, was der Händler gerne würde, sondern erstmal in kleinen Mengen abfüllen lassen. Denn ganz so preiswert sind auch auf dem Markt die Gewürze nicht, in ganz Israel. Fisch und Fleisch werden auch offeriert, für den Touristen aber meist weniger interessant, weil sie meistens gut versorgt sind im Hotel oder den vielen Restaurants und Imbissen der Stadt.

Mahane Yehuda Markt – Historie

Entstanden ist der Markt im Zuge der Expansion Jerusalems Ende des 19. Jahrhunderts. Die Altstadt konnte die sich stark vermehrende Bevölkerung nicht mehr fassen, Menschen siedelten in die neu gegründeten Stadtteile wie Mahane Yehuda. Arabische Händler und Bauern erkannten die Gunst der Stunde und verkauften ihre Waren und Felderträge auf offenem Gelände. Zeitgleich entstand durch jüdische Händler der Beit Yaakov Markt. Dieser wurde alsbald in Mahane Yehuda Markt umbenannt. Im Laufe der Jahre entwickelte sich daraus ein organisierter Markt. Die Lage war optimal, die Versorgung der lokalen Bevölkerung gesichert. Zu dieser Zeit herrschten die Osmanen über ihre Provinz (!) Palästina. (Anm.: Es gab nie einen eigenständigen Staat Palästina.) Sie erkannten die Bedeutung des Marktes nicht, sondern blieben bei den mittelalterlichen Strukturen, so auch in der Infrastruktur. Der Markt und seine Händler blieben auf sich alleine gestellt, keine Wasser- und Abwasserversorgung, keine ordentlichen Stände, keine Straßen oder Wege. Die Händler und Bauern mussten ihre eigenen Geschäfte und Lagerräume errichten, je nach ihren Möglichkeiten.

Die Wende in der Entwicklung des Mahane Yehuda Marktes kündigte sich nach dem Ersten Weltkrieg an. Die Briten übernahmen die Macht in Palästina und stellten es unter ihr Mandat. Was sich bis dahin entwickelte, auch eine mehr oder weniger funktionierende Infrastruktur, war den Briten zu unperfekt. Einfach gesagt, alles befand sich in einem desolaten Zustand. Die Briten zögerten nicht lange und schlossen den Markt. Der erste Gouverneur von Jerusalem Ronald Storrs wollte den gesamten Markt komplett modernisieren und erteilte dazu sogar dem Architekten und städtebaulichen Berater Charles Ashbee, er war in Jerusalem tätig, den Auftrag. Doch das Geld wurde knapp und die hochtrabenden Pläne landeten in der Schublade. Eigentlich sehr schade, denn heute wären die Bauten sicherlich eine Attraktion. So beschränkten sich die Briten und modernisierten den Markt von 1920 an, bis 1928 der neue Mahane Yehuda Markt endlich eröffnet werden konnte. Die grundlegenden strukturellen Änderungen wirken bis in die heutige Zeit, sodass die Wege innerhalb des Marktes unverändert blieben. Die arabischen Händler aber zogen sich immer mehr von dem Markt zurück, sodass er heute von jüdischen Händlern beschickt wird, was sich auch im Publikum widerspiegelt.

Im Jahr 2000 gab es dann nochmal eine einschneidende Veränderung. Der Markt wurde von Grund auf restauriert und baulich teilweise umgestaltet. Neben den üblichen Händlern sollten fortan auch andere Gewerbe ihre Dienstleistungen anbieten. So wandelt sich der Mahane Yehuda immer mehr zum In-Treffpunkt für die junge Bevölkerung, es ist einfach chic, in einem Café auf dem Markt zu sitzen und sich mit Freunden zu treffen. Dadurch geht der Charme leider etwas verloren. Boutiquen, Delikatessgeschäfte und Bistros wurden Läden vermietet, zum Leidwesen der etablierten Händler. Sie sind auf Umsatz angewiesen und nicht auf Spaß-Besucher. In israelischen Medien wird es auch als Zeichen der Globalisierung gesehen, Kritiker hingegen sprechen von einer Uniformität und den Verlust des Ursprünglichen und der Werte in der Gesellschaft. Es ist wichtig für Jerusalem und die Händler, die hauptsächliche Bestimmung zu bewahren, ansonsten könnte er wie der Carmel-Markt in Tel Aviv zum Mix aus Billig-Klamotten, ein paar Obst- und Gemüseständen und moderner Massen-Gastronomie herunterkommen.

Mahane Yehuda Markt – vor dem Shabbat

Doch freitags geht’s richtig „zur Sache“ – dann herrscht erhöhte Betriebsamkeit. Die Verkäufer buhlen lautstark um die Gunst der Käufer. Und sie müssen sich beeilen, ihre Waren an den Mann und die Frau zu bringen … um 17.00 Uhr ist Schluss, es beginnt der Shabbat und religiöse Juden achten sehr genau darauf, dass die Läden geschlossen und das Licht gelöscht ist.

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Besucherinformationen

Mahane Yehuda Markt

Jerusalem
Öffnungszeiten: Sonntag-Donnerstag jeweils 8.00-19.00 Uhr, Freitag 8.00-15.00 Uhr, Samstag geschlossen
Die Händler sind bis ca. 9.30 Uhr mit dem Aufbau ihrer Stände beschäftigt, können nur eingeschränkt Kunden bedienen.

Schreibweisen: Mahane Yehuda, Machande Yehuda, Machne Yehuda, Machane Jehuda

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