Der Codex von Aleppo wird heute im Schrein des Buches im Israel Museum ausgestellt. Nur 295 Seiten des Buches sind erhalten. (Matthias Hinrichsen)

Der Codex von Aleppo wird heute im Schrein des Buches im Israel Museum ausgestellt. Nur 295 Seiten des Buches sind erhalten. (© Matthias Hinrichsen)

JERUSALEM (im) – Der Codex von Aleppo war bis 1947 das älteste noch vollständig erhaltene Manuskript der masoretischen hebräischen Bibel – leider ist er damals schwer beschädigt worden, doch viele Seiten konnten gerettet werden und sind heute im Israel Museum zu sehen. Der Codex von Aleppo ist um das Jahr 930 am See Genezareth angefertigt und heißt auf Hebräisch „Keter Aram Zuba“, was übersetzt „Krone von Aleppo“ bedeutet. Der Codex ist die exakteste Bibelabschrift, wenn man von den Rollen vom Toten Meer in Qumran absieht. Deshalb ist für viele fromme Juden der Codex von Aleppo „Gottes Wort“ und gleichzeitig das kostbarste hebräische Buch überhaupt. Als der Codex von Aleppo im Jahre 1958 zurück nach Jerusalem kam, hatte das handschriftliche Werk bereits eine Odyssee hinter sich. Sowohl eine zeitliche durch die Jahrhunderte, als auch eine räumliche durch den gesamten Nahen Osten. Heute sind die noch vorhandenen 295 der ursprünglich 487 vorhandenen Seiten gut aufbewahrt im Schrein des Buches im Israel Museum in Jerusalem.

Codex von Aleppo – wissenschaftliche Bedeutung

Auch in der christlichen Bibelwissenschaft spielt der Codex von Aleppo eine herausragende Rolle, wird er auch hier als wichtigster und gleichzeitig ältester Zeuge des masoretischen Textes für wissenschaftliche Studien herangezogen. Von vielen jüdischen Gruppierungen wird der Codex als die maßgebliche Bibelquelle betrachtet, da er nachweislich den masoretischen Prinzipien der Ben-Ascher-Schule folgt. Masoretisch bedeutet „Überlieferung“ und ist ein hebräischer Text des Tanach, der jüdischen Bibel. Streng geregelt war die Bearbeitung der Bibeltexte durch die Masoreten, die so ältere Bibeltexte weitergeben konnten. Auch wurde der Codex von Aleppo von Rabbi Moses Maimonides (1135-1204) herangezogen, als er in der Mischneh Tora die exakten Regeln für das Schreiben der Torarollen festlegte.

Codex von Aleppo – geschrieben vor 1.100 Jahren

Der Codex von Aleppo wurde um das Jahr 930 in Tiberias am See Genezareth von Schlomo Buya´a abgeschrieben und anschließend von Aaron ben Moshe ben Ascher vokalisiert, gründlich überprüft und mit masoretischen Anmerkungen versehen. Die Handschrift war bereits zu diesem Zeitpunkt als Mustercodex vorgesehen. Während er überwiegend den Gelehrten vorbehalten war, um wichtige Glaubensfragen zu erörtern, war der Codex zum „normalen“ Bibelstudium nicht vorgesehen. Aber es wurde aus ihm vorgelesen, wenn auch nur zu besonderen Anlässen wie dem Pessachfest, dem Laubhütten- oder dem Wochenfest.

Codex von Aleppo – entwendet von Kreuzrittern

In der Mitte des 11. Jahrhunderts kam der nach Jerusalem, wo er allerdings nicht lange bleiben sollte. Im Jahr 1099 eroberten die Teilnehmer des 1. Kreuzzuges die Heilige Stadt, töteten fast alle Einwohner und stahlen alles, was nicht niet- und nagelfest war. Darunter auch den Codex von Aleppo. Wie er nach Ägypten kam, lässt sich heute kaum mehr nachvollziehen. Aber der Codex tauchte später in einer Rabbanitensynagoge in Kairo wieder auf und wurde von Moses Maimonides genutzt. In Kairo verblieb der Codex bis zum Ende des 14. Jahrhunderts. Die Nachkommen des Rabbis brachten das Buch schließlich zur jüdischen Gemeinde nach Aleppo im heutigen Syrien.

Codex von Aleppo – schwer beschädigt

Dort verblieb das Werk fast sechs Jahrhunderte lang und wurde von der Gemeinde derartig sorgsam gehütet, dass Außenstehende nicht an den Codex herankamen, geschweige denn aus ihm lesen durften. Während eines antijüdischen Pogroms im Jahr 1947 wurde der Codex schwer beschädigt. Seit dieser Zeit fehlen fast 200 Seiten des Codex von Aleppo, deren Verbleib nie geklärt werden konnten. 1958 kamen die restlichen Seiten schließlich zurück nach Jerusalem ins Israel Museum, wo sie sorgsam restauriert wurden. Heute kann man den Codex von Aleppo im Schrein des Buches sehen, wo er gemeinsam mit den Schriftrollen von Qumran ausgestellt wird.

Gleich mehrere moderne Ausgaben der jüdischen Bibel stützen sich auf den Codex von Aleppo. Darunter auch die Ausgabe von Rabbi Mordechai Breuer, der den Codex für den Urtext des überlieferten Tanach gehalten hat. Auch die „Jerusalem Crown“ fußt auf dem Codex und wird heute bei der Vereidigung des israelischen Präsidenten genutzt.

Besucherinformationen

Israel Museum

Ruppin Boulevard, Jerusalem, 91710
Telefon 972-2-670-8811, Fax 972-2-677-1332
E-Mail: info@imj.org.il
Website: www.english.imjnet.org.il

Öffnungszeiten:
Sonntag: 10.00-17.00 Uhr
Montag: 10.00-17.00 Uhr
Dienstag: 16.00-21.00 Uhr
Mittwoch: 10.00-17.00 Uhr
Donnerstag: 10.00-17.00 Uhr
Freitag und vor Feiertagen: 10.00-14.00 Uhr
Samstag und an Feiertagen: 10.00-17.00 Uhr

Eintrittspreise Museum: Erwachsene 54 Shekel, Kinder (5-17 Jahre) 25 Shekel, Studenten 39 Shekel
Tickets können online auf der Website des Museums oder an der Kasse am Eingang erworben werden.
Führungen auf Deutsch müssen separat angefragt werden.

Anfahrt
– mit dem Bus: Egged-Linien 7, 9, 14, 35 und 99
– mit dem Pkw: Öffentlicher Parkplatz vor dem Museum; Navi-Ziel: Avraham Granot Street

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