Zwei Musikerinnen spielen Hava Nagila. © Matthias Hinrichsen)
Zwei Musikerinnen im Jaffator.

Zwei Musikerinnen im Jaffator. (© Matthias Hinrichsen)

Hava Nagila (הבה נגילה) ist ein hebräisches Volkslied, dessen Melodie ursprünglich ein wortloser chassidischer Niggun war, von Abraham Zvi Idelsohn bearbeitet und mit Worten versehen wurde. Übersetzt ins Deutsche bedeutet der Titel „Lasst uns glücklich sein“. Es wird häufig zu feierlichen Anlässen gespielt und bei Konzerten, auch von namhaften Künstlern. Laut Wikipedia wird es als Metonym für das Judentum benutzt. Im deutschsprachigen Raum ist dieses Lied sehr weit verbreitet und wird auch gerne im Religions- und Musikunterricht an Schulen verwendet.

Hava nagila הבה נגילה Lasst uns glücklich sein
Hava nagila הבה נגילה Lasst uns glücklich sein
Hava nagila venismechah הבה נגילה ונשמחה Lasst uns glücklich und fröhlich sein
(Strophe einmal wiederholen)
Hava neranenah הבה נרננה Lasst uns singen
Hava neranenah הבה נרננה Lasst uns singen
Hava neranenah venismechah הבה נרננה ונשמחה Lasst uns singen und fröhlich sein
(Strophe einmal wiederholen)
Uru, uru achim! !עורו, עורו אחים Erwachet, erwachet Brüder!
Uru achim b’lev sameach עורו אחים בלב שמח Erwachet Brüder, mit einem glücklichen Herzen
(Vers viermal wiederholen)
Uru achim, uru achim! !עורו אחים, עורו אחים Erwachet Brüder, erwachet Brüder!
B’lev sameach בלב שמח Mit einem glücklichen Herzen

(Quelle: Wikipedia – Creative Commons Attribution/Share Alike)

 

Hava Nagila

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הבה נגילה – Lauren Rose

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Die britische Sängerin Lauren Rose veröffentlichte 2007 eine moderne Version des traditionellen jüdischen Liedes „Hava Nagila“. Die Buchmacher wetteten 16:1, dass der Song einer der meistverkauftesten Titel im Königreich werden würde. Laurens Vater, Mark Goldberg, soll sogar seinen Job als Chef des Bromley Football Club aufgegeben haben soll, um die Musikkarriere seiner Tochter zu managen.

André Rieu

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Hava Nagila – Entstehung

Dass Abraham Zevi Idelsohn der Schreiber von Hava Nagila sein soll, behauptet Barry Cohon, so die Webseite Radio Hazak. Dort wird erwähnt, dass Experten für alte jüdische Musik zufolge wiederum Moshe Nathanson der Urheber sein soll. Wir widmen uns beiden und zeigen die Vita der beiden Musikwissenschaftler nach, so weit es möglich ist.

Abraham Zvi Idelsohn wurde am  14. Juli 1882 im lettischen Fischerdorf Felixberg, was zum russischen Zarenreich gehörte, geboren.  Sein Vater war jüdischer Schlachter, ein sogenannter Schochet, und Chasan, also ein Kantor oder Vorbeter in einer Synagoge oder jüdischen Gemeinde. So kam Idelsohn schon im Kindesalter mit den musikalischen Formen im Judentum in Kontakt. Er wurde durch seinen Vater in die jüdischen Gesänge in der Synagoge und in die seinerzeit bekannten jüdischen Volkslieder eingeführt. Bei Abraham Mordechai Rabinowitz in Libau bekam er dann selbst eine Ausbildung zum Chasan und trat in die Stapfen seines Vaters. Dazu studierte Idelsohn Musik in Königsberg, London, Berlin und Leipzig, bis er 1903 als Chasan in Regensburg engagiert wurde. Im Jahr 1905 folgte Johannesburg in Südafrika, aber sein Herz rief ihn 1906 mitten ins jüdische Zentrum der Welt nach Jerusalem.

Dort betätigte er sich weiter als Chasan, dazu noch als Musiklehrer und widmete sich dem Studium der orientalischen Musik. Im  Jahr 1910 gründete Idelsohn in seiner Funktion als jüdischer Musikforscher. Schon vor Gründung profitierte er von einem Stipendium der Wiener Akademie und finanzierte damit die Aufnahmen von Gesängen orientalischer Juden ab 1906. Er wollte die mündlichen Überlieferungen seines eigenen Volkes sammeln und transkribierte dazu deren Gesänge, um sie der Nachwelt zu erhalten. Diese veröffentlichte er in einem zehnbändigen Werk mit dem Titel „Hebräisch-orientalischer Melodienschatz“, wovon alleine fünf Bände mit den Gesängen füllen. Die Bände wurden nach und nach von 1914 bis 1932 über einen Zeitraum von 19 Jahren veröffentlicht. Dieses unterstreicht die umfangreiche Arbeit, die Idelsohn alleine auf diesem Gebiet leistete. Im ersten Band thematisierte er die jemenitisch jüdischen Gesänge. Die jemenitischen Wurzeln sind übrigens auch in der Schmuckherstellung noch heute vereinzelt bei kleinen Handwerksbetrieben in Israel zu entdecken, aber auch im Tanz wie beispielsweise in Arad.

Die zehn Bände des Hebräisch-orientalischer Melodienschatz:

  • Band I (1914), Gesänge der jemenitischen Juden
  • Band II (1922), Gesänge der babylonischen Juden
  • Band III (1922), Gesänge der persischen, bucharischen und daghestanischen Juden
  • Band IV (1923), Gesänge der orientalischen Sefardim
  • Band V (1929), Gesänge der marokkanischen Juden (als PDF zum Download)
  • Band VI (1932), Der Synagogengesang der deutschen Juden im 18. Jahrhundert
  • Band VII (1932), Die traditionellen Gesänge der süddeutschen Juden
  • Band VIII (1932), Der Synagogengesang der osteuropäischen Juden
  • Band IX (1932), Der Volksgesang der osteuropäischen Juden
  • Band X (1932), Gesänge der Chassidim

Im Phonoprogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sind die Tondokumente Idelsohns von Dietrich Schüller auf drei CDs zusammengefasst und werden dort mit 69-seitigem Booklet für 50,- Euro angeboten (über diesen >>> Link gelangen Sie zum Verlag). Die Tondokumente wurden im Januar 2006 unter der ISBN13 978-3-7001-3607-1 herausgegeben und sind bis heute erhältlich, die Lieferung nach Deutschland kostet 7,- Euro zusätzlich. Der Verlag zählt die musikalische Sammlung „Idelsohn“ zu den berühmtesten historischen Beständen des Hauses. Sie ist entstanden in „intensiver“ Zusammenarbeit mit der Hebrew University, der Jewish National and University Library in Jerusalem, dem AHD (Archives for Historical Documentation, Brighton/Mass.) und der University of Chicago. Wer die Originalbände erstehen möchte, muss etwas tiefer in die Tasche greifen. Pro Band werden bei Antiquaren heute bis zu 200,- Euro fällig, der Zustand ist dann natürlich gebraucht. Diese musikalischen Studien Idelsohns waren die Grundlage für sein oben aufgeführten 10-bändigen Werk  „Hebräisch-orientalischer Melodienschatz“.

Von 1911 bis 1913 dokumentierte Idelsohn phonographisch Bibelrezitationen der jemenitischen, babylonischen, syrischen, persischen, orientalisch-sephardischen und marokkanischen Juden. Aber nicht nur die liturgische Musik nahm er auf, auch Sprachproben, um die unterschiedlichen jüdischen Aussprachen festzuhalten.

Im Jahr 1915 besuchte er eine Gruppe von Sadigura Chassidim, deren Nigunim er teilweise niederschrieb. Hava Nagila war einer von diesen, im ursprünglichen Zustand ein mystisches musikalisches Stück. Während des aufkommenden ersten Weltkriegs wurde Idelsohn Kapellmeister in der türkischen Armee. Nach Jerusalem kehrte er drei Jahre später zurück und leitete eine Chor in einem der Siegeskonzerte, denn die Briten siegten über die Osmanen und Idelsohn wechselte die Seite.

Für den Abschluss des Konzertes suchte er ein passendes Stück und zufällig fiel ihm beim Stöbern der Nigun Hava Nagila auf. Idelsohn arrangierte aus dem Nigun vier Teile und fügte hebräische Texte hinzu. So wurde es zum bekanntesten jüdischen Lied weltweit. Lange nach seinem Tod sprach die israelische Regierung der Familie Lizenzgebühren zu. Die Aufnahmen der 1920er-Jahre sollen langsamer die heutigen gewesen sein. Der heutige Rhythmus stamme von einem rumänischen Volkstanz, der von Halutzim zum Jischuv gebracht werden sein soll.

In den 1920er-Jahren ließ er sich in Cincinnati nieder und katalogisierte am Hebrew Union College die Birnbaum Collection. Diese ist eine bedeutende Sammlung zur jüdischen Musik. Dazu setzte er seine Studien als Professor für Hebräisch und Liturgie und für Jüdische Musik fort. Zeitgleich verfasste Idelsohn seine neueste Publikation „Jewish Liturgy and Its Development„. Gegen Ende der 1920er-Jahre baute er nach einem schaffensreichen Leben gesundheitlich ab und starb 1938 in Johannesburg. Zuvor hatte er aber noch der Nachwelt seine autobiographischen Skizze My Life hinterlassen und fasste seine Erkenntnis wie folgt zusammen: „The Jewish song is an amalgamation of non-Jewish and Jewish elements, and despite the former, the Jewish elements are found in all traditions […]. Jewish song is a folk-art, created by the people.

Abraham Zvi Idelsohn zählt mehreren Quellen zufolge als „Vater“ der jüdischen Musikforschung, der von dem wissenschaftlichen Aufbruch um die Jahrhundertwende in das 20. Jahrhundert profitierte, das von neuen Ideen und Techniken geprägt war. Dadurch konnte er neue Aspekte in der Musikforschung angehen wie beispielsweise den Einfluss der Sprache auf die Musik. Wenig bekannt ist, dass er auch Gesang und Instrumentalstücke äthiopisch-orthodoxer Christen und Samaritaner aufnahm.

In Hannover ist das Europäische Zentrum für Jüdische Musik ansässig, das Teil der Hochschule für Musik, Theater und Medien ist. Dort wird auch eine umfangreiche Bibliothek unterhalten, die verschiedene Werke von Idelsohn in den Reihen stehen hat. Demnach veröffentlichte der Musikforscher im Jahr 1929 Jewish Music in Its Historical Development, das immer noch als Standardwerk zum Thema jüdische Musik gilt. In der Bibliothek sind darüber hinaus folgende Werke einzusehen oder auch auszuleihen:

Hebräisch-orientalischer Melodienschatz 
10 Bände. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1914–1932 (Teilw. im Verl. Harz, Berlin [u.a.], oder Hofmeister, Leipzig, erschienen)
Signatur: C1 1 Ide-1 bis Ide-10

Yuval Vol. V: The Abraham Zvi Idelsohn Memorial Volume.
Jerusalem: The Magnes Press, The Hebrew University 1986
Signatur: A20 Yuv-5

Sefer Schirat Jisrael.
The Jewish Song Book for Synagogue, School and Home, covering the complete religious year. 3. ed., enlarged and rev.
Cincinnati: Publ. for Judaism 1951
Signatur: C1 1 Ide (2)

Sefer HaSchirim.
Sammlung hebräischer Lieder für Kindergärten, Volks- und höhere Schulen.
Berlin und Jerusalem: Hilfsverein der Deutschen Juden 1912
(diese Ausgabe umfasst nur hebräische Lieder und hat eine hebräische Titelseite, ein deutsches Vorwort von James Simon und P. Nathan vom Hilfsverein sowie ein hebräisches Vorwort von Idelsohn. Vgl. Shlomo Hofman: A. Z. Idelsohn’s Music: A Bibliography (Hebr.), in: Yuval 5 (1986), S. 32f. des hebr. Teils.)
Signatur: C1 3 Ide

Das Europäische Zentrum für Jüdische Musik wurde 1988 von Andor Izsák in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg gegründet, zog 1992 nach Hannover um. Izsák wurde 2012 pensioniert, ist aber weiter aktiv im jüdischen Leben in Hannover, besonders für die Villa Seligmann. Dort werden ganzjährig Konzerte mit jüdischer Musik abgehalten. Das Haus hat sich „zu einer prägenden Einrichtung der Kulturlandschaft in Hannover“ entwickelt. Die Villa in der Hohenzollernstraße an der Eilenriede mit großzügiger Gartenanlage gehörte einst dem Geheimkommerzienrat Siegmund Seligmann und seine Frau Johanna. Es macht deutlich, wie etabliert das jüdische Bürgertum in Deutschland und in diesem Fall in der niedersächsischen Landeshauptstadt gewesen war. Ende 2006 erwarb die Siegmund Seligmann Stiftung das Gebäude, um es nach Jahren der Renovierung der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stehen.

Moshe Nathanson war ein kanadischer Musikwissenschaftler, Komponist und Kantor, der bekannt für die Verbreitung von jüdischer und palästinensischer Volksmusik ist. Er wurde in Jerusalem 1899 geboren und sein Vater war Rabbiner. In Wikipedia wird als eins seiner bemerkenswertesten Werke Hava Nagila erwähnt, das er inspiriert haben soll. Im Schulchor soll er als 12-Jähriger mit seinen Mitschülern von dem oben erwähnten Abraham Zevi Idelsohn aufgefordert worden sei, „für einen Nigun auszuwählen ein modernes hebräisches Lied zu kreieren“. Der Überlieferung zufolge soll Nathanson „Zeh hayom asah Adonai; nagila v’nismekha vo“ (Psalm 118,24), vorgeschlagen haben, das Idelsohn dann zum Text inspiriert haben soll. Im Herbst 1920 verließ Nathason Jerusalem und ließ sich in Quebec nieder.

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