100.000 Gräber auf dem Ölberg werden kartographiert
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100.000 Gräber auf dem Ölberg werden kartographiert

100.000 Gräber am Ölberg in Jerusalem werden kartographiert. (© Matthias Hinrichsen)

100.000 Gräber am Ölberg in Jerusalem werden kartographiert. (© Matthias Hinrichsen)

JERUSALEM (im) – Mit modernster Technologie wird die jüdische Gruppe Elad bis Ende nächsten Jahres 100.000 Gräber auf dem Ölberg in Jerusalem fotografiert haben, um sie zu kartographieren und online für jeden zugänglich zu machen. Primärer Hintergrund ist, dass die Gräber mit Namen versehen werden sollen, damit Besucher gesuchte Gräber auch finden können, so israelische Medienangaben. Der Friedhof zählt zu den ältesten der Welt.

In den vergangenen 3.000 Jahren sind rund 150.000 Gräber auf dem Ölberg errichtet worden. Für ortsunkundige ist es ein wirres Durcheinander, das zudem von zerfallenden Grabsteinen und Schutt durch die angrenzenden arabischen Stadtteile bedroht ist. Seit 2008 wurden die Daten von rund 40.000 Gräbern in einer Datenbank gespeichert, die restlichen 60.000 noch intakten Gräber sollen dann bis Ende nächsten Jahres folgen. Die restlichen sind bereits verwittert und unkenntlich oder liegen in tieferen Schichten unterhalb der jetzigen Gräber.

Für die jüdische Bevölkerung Jerusalems ist der Friedhof auf dem Ölberg seit Jahrtausenden eine bedeutsame Stätte ihrer Kultur. (© Matthias Hinrichsen)

Für die jüdische Bevölkerung Jerusalems ist der Friedhof auf dem Ölberg seit Jahrtausenden eine bedeutsame Stätte ihrer Kultur. (© Matthias Hinrichsen)

Die Aufzeichnungen über ältere Grabsteine reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Mitarbeiter gehen durch die Reihen, um noch sichtbare Angaben zu verzeichnen. „Der Friedhof ist ein Spiegel der Stadt. Während Kriegszeiten nahmen die Anzahl an Gräbern erheblich zu, sobald neue jüdische Gruppen in die Stadt kamen, konnte dieses durch die Grabinschriften belegt werden“, sagt Moti Shamis vom Aufzeichnungsteam.

Die jüdische Kartographierungsgruppe Elad möchte mit dem Projekt allerdings auch zeigen, dass Ost-Jerusalem jüdische Bedeutung hat, um im Falle einer Teilung der Stadt die israelischen Ansprüche auf dieses Gebiet stärken zu können. Der Ölberg war und bleibt für Juden aus Israel und dem Ausland ein begehrter Ort zur Beerdigung. Nach einer Prophezeiung im Buch Sacharja nähert sich der Messias vom Ölberg aus Jerusalem. Besonders gläubige und wohlhabende Juden haben sich daher auf diesem Hügel nach ihrem Tod beisetzen lassen, weil sie der Ansicht waren, als Erste vom Tode erweckt werden. Dieser Glaube besteht bis heute.

Die Kirche

Die Kirche „Dominus flevit“ auf dem Ölberg. (© Matthias Hinrichsen)

Auf dem Ölberg und in seinen Hängen wurden auch zahlreiche Kirchen errichtet, die in Zusammenhang mit Jesus stehen. Zu den ältesten Gräbern mit lesbarer Inschrift zählt ist das von Ovadia von Bartenura, einem mittelalterlichen Gelehrten aus Italien, der nach Jerusalem kam und dort um das Jahr 1500 starb. Die Mitglieder der Gruppe hoffen, das Grab von Shmuel Ben-Bassat zu finden, der im Kampf unmittelbar nach der Gründung Israels gefallen und dort begraben wurde. Das war am 14. Januar 1948. Danach eroberte die jordanische Armee den Ostteil Jerusalems und damit den jüdischen Friedhof auf dem Ölberg. Über einen Teil des Friedhofs bauten die Jordanier Straßen, Grabsteine wurden im nahegelegenen Militärlager zur Pflasterung von Wegen verwendet, die restlichen haben sie verfallen lassen. In den alten Aufzeichnungen ist die genaue Lage des Grabes von Ben-Bassat verzeichnet, doch seit der Rückeroberung im Jahr 1967 durch die israelische Armee, konnten keine Spuren des Grabes mehr gefunden werden. Ben-Bassat hat jetzt einen militärischen Grabstein.

„Der Friedhof auf dem Ölberg ist zweifellos wichtig für das jüdische Volk, aber geht auch um einen Kampf um Land“, sagt der Archäologe Yonathan Mizrahi. Er kritisiert die israelischen Aktivitäten in Ost-Jerusalem genauso wie die Unachtsamkeit der palästinensischen Bewohner. Zum Schluss sagt er noch: „Der Friedhof ist jüdisch und muss unter israelischer Kontrolle bleiben.“

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